Die berufliche Vorsorge muss reformiert werden. Doch wie soll der Rentenzuschlag finanziert werden? Und wo gibt es sinkende Renten? Arbeitgeber und Pensionskassen decken sich mit Vorwürfen ein.
Der Arbeitgeberverband hat in den Kampfmodus geschaltet. Mit Vehemenz verteidigt er die sozialpartnerschaftliche Lösung für die Reform der Beruflichen Vorsorge. Diese ist nötig, weil die Zinsen tief sind und die Gesellschaft älter wird. Sechs bis sieben Milliarden Franken werden heute von den Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt. Denn der Umwandlungssatz und die damit versprochenen Renten sind zu hoch.
Die Sozialpartner haben sich auf eine Reform geeinigt, die der Bundesrat telquel übernommen und in die Vernehmlassung geschickt hat. Der Vorschlag ist innerhalb der Wirtschaft aber umstritten. Mit verschiedenen Alternativmodellen wird derzeit um die Gunst der bürgerlichen Parteien gekämpft. Hanspeter Konrad, Direktor des Pensionskassenverbandes ASIP, kritisiert die Sozialpartner:
Sie können nicht einfach sagen: take it or leave it. Unsere Lösung ist zielführender, fairer, kostet weniger und geniesst eine breitere Akzeptanz.
Der Konflikt dreht sich um die Kompensation. Der Umwandlungssatz soll von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt werden. Das heisst, bei einem Alterskapital von 100’000 Franken wird nur noch eine Rente von 6000 statt 6800 Franken ausbezahlt. Damit die Renten nicht sinken, müssen die Versicherten mehr Geld ansparen. Für eine Übergangsgeneration braucht es zudem eine Kompensation. Die Sozialpartner wie auch der Bundesrat wollen für eine Übergangsgeneration einen Rentenzuschlag von 100 bis 200 Franken monatlich. Finanziert wird er über einen zusätzlichen Lohnabzug von 0,5 Prozent. Der ASIP wehrt sich gegen diese solidarische Lösung.
Die Kompensation soll innerhalb der Pensionskassen erfolgen. «Die einzelnen Kassen können die Kompensationsmassnahmen selber finanzieren», sagt Konrad. Denn sie seien verpflichtet, Rückstellungen zu bilden, um die Rentenversprechen einhalten zu können. Wird der Umwandlungssatz gesenkt, würden diese Reserven frei. «Mit dem Bundesratsvorschlag werden jene Kassen bestraft, die ihre Hausaufgaben gemacht haben. Sie müssen eine doppelte Kompensation leisten», sagt Konrad. Die Baumeister, Banken und die Detailhändler haben dieses Modell in einer etwas abgeänderten Form übernommen.
Die Gewerkschaften bezweifeln indes, dass alle Pensionskassen ihre Probleme selber lösen können. Ihr Kronzeuge ist der Gewerbeverband, der das Sozialpartnermodell zwar ablehnt, aber ebenfalls auf eine zentrale Lösung für die Übergangsgeneration setzt. Etwas räumt aber auch Gabriela Medici vom Gewerkschaftsbund ein: Geld ist da. Werden die Rückstellungen frei, bekämen die Pensionskassen mehr Luft:
Sie könnten beispielsweise beschliessen, dass die Versicherten eine Zeitlang keine Beiträge mehr bezahlen müssen.
Der Arbeitgeberverband hat die Kontroverse unter den Wirtschaftsverbänden diese Woche mit neuen Zahlen verschärft. Er wirft dem ASIP vor, dass sein Modell Rentenlücken zur Folge haben. Dass das ASIP-Modell nur den Gutverdienern nütze, aber nicht den Büezern. Diese Kritik teilt der Gewerkschaftsbund. Medici sagt:
Mit dem ASIP-Modell lässt sich das Rentenniveau langfristig nicht halten».
Beim Jahrgang nach der zehnjährigen Übergangsgeneration würde eine Rentenlücke klaffen. Die Berechnungen der Sozialpartner zeigen, dass ein 54-Jähriger mit einem Jahreseinkommen von 70’000 Franken eine Renteneinbusse von fast 160 Franken pro Monat hätte. Pensionskassenvertreter Konrad kontert: «Bei allen Vorschlägen gibt es einzelne Jahrgänge, die besser dastehen als der Durchschnitt und andere, die nicht so gut abschneiden.» Der Arbeitgeberverband weise den grössten Verlierer im Sozialpartnermodell nicht aus - es wäre der 49-Jährige. Er spricht gar von einem Ablenkungsmanöver, weil der Sozialpartnerkompromiss zu bröckeln beginne. Konrad sagt:
Keiner der aktuellen Vorschläge kann das Rentenniveau auf ewig sichern, wenn die Lebenserwartung weiter steigt und die Zinsen negativ bleiben.
Das Bundesratsmodell hat allerdings einen Meccano, um spätere Rentenlücken zu decken. Das heisst aber auch, dass die einmal eingeführten Lohnabzüge kaum mehr abgeschafft werden.
Konrad hält es für möglich, eine Abstimmung auch gegen die Gewerkschaften und die Linke zu gewinnen - falls sich SVP, FDP und CVP auf eine Lösung einigen.