Angela Merkel hat bei ihrem Besuch in Bern keine Hinweise darauf gegeben, dass die Schweiz bei den bilateralen Gesprächen mit der EU auf Unterstützung aus Berlin zählen kann. Die deutsche Kanzlerin blieb bei ihren Ausführungen extrem vage.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist am Donnerstag zu einem eintägigen Besuch in der Schweiz eingetroffen. Auf dem Berner Münsterplatz wurde sie mit militärischen Ehren empfangen, flankiert von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Gemeinsam schritten sie die Ehrenformation der Schweizer Armee ab. Rund 200 Schaulustige säumten den Münsterplatz. Einige applaudierten, nachdem die Bundeskanzlerin ihnen kurz zugewinkt hatte.
Anschliessend begrüssten sich die Delegationen der beiden Länder. Der Bundesrat war mit Vizepräsident und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, Umwelt- und Energieministerin Doris Leuthard sowie Aussenminister Didier Burkhalter vertreten. Der Empfang dauerte nur wenige Minuten. Im Anschluss waren ein Vier-Augengespräch zwischen Merkel und Sommaruga sowie ein Arbeitsessen der beiden Delegationen geplant.
Annäherung an EU: Wohl keine Unterstützung
An einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Bundespräsidentin Sommaruga betonte die Kanzlerin, die Personenfreizügigkeit sei ein Grundpfeiler der Europäischen Union. Gleichzeitig akzeptiere sie den Ausgang der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative.
"Ich unterstütze vollkommen den Kurs, den die EU-Kommission und die Schweizer Regierung eingeschlagen haben", so Merkel weiter. Es gelte nun Wege auszuloten, um im Thema vorwärtszukommen. Deutschland werde den Prozess dabei "konstruktiv" begleiten. Konkrete Ideen, wie dieser Prozess und eine Lösung aussehen könnte, legte die deutsche Kanzlerin nicht vor. Sie sieht den Ball in Bern und in Brüssel, die miteinander das Gespräch suchen müssten.
Die Frage eines Journalisten, ob die Einführung sogenannter Schutzklauseln, wie sie einige Parteien und die Wirtschaft fordern, ein möglicher Ausweg sei, liess sie unbeantwortet - und verwies auf ihre Erfahrung, dass meistens am Schluss eine Lösung gefunden werde, wo es einen Willen gebe.
Einig waren sich Merkel und Sommaruga darin, dass die Lage schwierig sei - "auch nach den Gesprächen von heute", wie Bundespräsidentin Sommaruga sagte. Der Bundesrat habe die Pflicht, die Verfassungsänderung umzusetzen. "Die EU respektiert unsere Entscheidungen", sagte sie vor den Medien. "Heute muss aber klar sein: Wenn wir den bilateralen Weg erhalten wollen, dann muss er erneuert und gestärkt werden."
Von Flüchtlingspraxis lernen
Angela Merkel hat das Schweizer Asylverfahren als Vorbild für eine europäische Asylpolitik gewürdigt. Die Ausführungen von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hätten sie "inspiriert"; sie habe diese mit Interesse verfolgt.
Man könne vom Schweizer Vorgehen durchaus etwas lernen, sagte Merkel am Donnerstag vor den Medien in Bern. Sie bezeichnete die raschen und meist ablehnenden Entscheide in der Schweiz über Asylanträge von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsländern als Vorbild für ganz Europa.
"Hier hat die Schweiz bereits Verfahren entwickelt, die rechtsstaatlich sind, aber trotzdem in kurzer Zeit auch Klarheit schaffen." Auch von der Verteilung von Flüchtlingen nach Quoten auf die einzelne Kantone könne Europa lernen.
Zum Abschluss des Besuchs holte Merkel die Entgegennahme der Ehrendoktorwürde der Universität Bern nach. "Gut Ding will Weile haben", sagte sie beim Empfang der Urkunde - denn der Doktortitel war ihr schon 2009 verliehen worden.
Merkel hielt eine sehr politische Rede und sprach etwa über das Vorgehen Russlands auf der Krim und über Flüchtlingspolitik. Danach stellte sie sich den Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter vieler Studierenden. (sda/nch)