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Schweiz
Künftige Väter müssen sich weiter gedulden. Der Bundesrat lehnt nicht nur die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub ab, er hält auch einen Gegenvorschlag für unnötig. Und das, obwohl die Regierung gestern verkündete, dass sie «nicht grundsätzlich» gegen einen Vaterschaftsurlaub sei.
Der Bundesrat schreibt in der Begründung, er stimme mit den Initianten überein, dass Väter, Mütter, Paare und Kinder davon profitieren könnten. Nur sei das der Wirtschaft nicht zuzumuten: «Die Kosten im Umfang von schätzungs- weise 420 Millionen Franken jährlich würden die Unternehmen mit zusätzlichen Abgaben belasten.» Hinzu komme die organisatorische Herausforderung für kleinere und mittlere Unternehmen.
Und überhaupt will der Bundesrat priorisieren und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorantreiben. Dass er zuletzt Gelder für die Finanzierung von Betreuungsplätzen gestrichen hat, passt da nicht so recht ins Bild. Er begründet dies mit seinem langjährigen Engagement: In 15 Jahren habe der Bund rund 57 400 neue Betreuungsplätze mit insgesamt 370 Millionen Franken unterstützt. Jetzt sei es an den Kantonen, diese Arbeit weiterzuführen.
Mit der Absage an einen Gegenvorschlag ist längst nicht das letzte Wort gesprochen. Jetzt nimmt das Parlament die Arbeit auf. Und der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas steht mit jenem Gegenvorschlag in den Startlöchern, der vor zwei Jahren äusserst knapp mit 97:90 Stimmen abgelehnt wurde.
Anstatt der vier Wochen, welche die Initiative fordert, sieht der Vorschlag von Candinas zwei Wochen Vaterschaftsurlaub vor: Das würde die Unternehmen nur halb so viel kosten. «Es ist der Mittelweg zwischen vier Wochen und gar nichts», sagt der Vater von drei Kindern. Wie die Initiative schlägt auch Candinas vor, dass Arbeitgeber und -nehmer den Urlaub gemeinsam über höhere Abgaben in die Erwerbsersatzordnung (EO) finanzieren. Um den Firmen entgegenzukommen, könnten Väter die Tage flexibel beziehen.
Nebst der CVP, die den Vorschlag Candinas relativ geschlossen unterstützte, stimmten 2016 auch GLP, BDP, Grüne und SP seinem Antrag hauptsächlich zu. Allerdings stand damals noch kein Gegenvorschlag zur Diskussion. Da SP und Grüne die Initiative unterstützen, ist ein Gegenvorschlag nicht unbedingt zielführend, wie der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth sagt. «Für mich ist die Initiative bereits ein Kompromiss.
Unter die vorgeschlagenen vier Wochen sollten wir nicht zurückfallen.» Ähnlich hält es die Zürcher BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti. Sie misst der Initiative grosse Chancen bei. «Sie entspricht den Bedürfnissen moderner Familien.» Allerdings wird sie in der BDP dafür keine Mehrheit finden, eher zum Gegenvorschlag, wie BDP-Nationalrat Bernhard Guhl (AG) sagt. Beide unterstützen sie klar eine Verbesserung der heutigen Situation.
Weit schwerer tut sich die FDP. Dabei wird sie wohl entscheiden, ob sich das Parlament zu einem Gegenvorschlag durchringt. Nur: Die Partei ist tief gespalten. Während ein Grossteil die Position der beiden Bundesräte teilt und keinen Handlungsbedarf sieht, beharren die Romands zunehmend auf einem Vaterschaftsurlaub.
Nationalrat Hugues Hiltpold (FDP/GE) hat 2009 einen eigenen Vorschlag eingereicht, der jenem von Candinas ähnelt. Der Waadtländer Laurent Wehrli sitzt sogar im Initiativkomitee. Und FDP-Vizepräsident Philippe Nantermod (VS) sagt: «Wir brauchen eine Lösung.» Wie diese aussehen soll, wird parteiintern erst noch diskutiert.
Für die Fraktionssitzung am Dienstag hat FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen ein Papier ausgearbeitet, das einen «gesamtheitlichen Ansatz» anpeile, wie er sagt. Was das heisst, will er indes nicht vorwegnehmen. Doch tönt es dem Vernehmen nach ähnlich wie die Position des Bundesrats: Keine weitere Finanzierung von Betreuungsplätzen, dafür höhere Steuerabzüge ermöglichen.
Gleichzeitig ist von einer «flexiblen Elternzeit» die Rede. Möglicherweise wird die Idee von Ständerat Andrea Caroni (AR) aufgewärmt. Er schlug vor, dass Mütter ihren Urlaub mit den Vätern teilen sollen. Allerdings ist eine Aufweichung des Mutterschutzes nicht zulässig. Ob die Romands die Parteikollegen überzeugen können, ist nicht einmal entscheidend. Denn sie spielen im Parlament das Zünglein an der Waage: Nachdem sie sich 2016 enthalten hatten, könnten sie dem zwei- wöchigen Vaterschaftsurlaub nun zum Durchbruch verhelfen.