Die Regelungen für Nebentätigkeiten von Vollzeit-Richtern des Bundes sind höchst unterschiedlich, einige nützen das aus – die Politik muss endlich eingreifen.
An Gerichten des Bundes herrscht Wildwuchs. Die Obergrenzen für Entgelte aus Nebentätigkeiten sind von Gericht zu Gericht unterschiedlich und offensichtlich willkürlich. Mehr als 5000 Franken dürfen es am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen für Richter mit Vollpensum nicht sein. Grosszügiger ist das Bundesstrafgericht in Bellinzona. Da dürften Vollzeit-Richter Entgelte aus Nebenjobs bis zum Betrag von 10'000 Franken behalten.
Dabei steht im Strafbehördengesetz, anwendbar für Bellinzona, dass Vollzeit-Richter «keine andere Erwerbstätigkeit ausüben» dürfen.
Anderes Beispiel: Das Bundesverwaltungsgericht hat seit mehr als zehn Jahren eine Ethikcharta, aufgeschaltet auf der Website, die von den Richterinnen und Richter korrektes, unabhängiges, kollegiales und vorbildliches Verhalten verlangt. So steht dort: «Die Richterinnen und Richter begegnen allen Mitarbeitenden des Gerichts mit Achtung und Wertschätzung.» In Bellinzona dagegen ist immer noch die Sittenzerfall-Affäre am Nachbeben, die von Mobbing, Willkür, Führungsmängeln, verängstigtem Personal handelt.
Trotzdem will das Bundesparlament Ende September alle Bellenzer Richterinnen und Richter für sechs Jahre wiederwählen.
Eigentlich müsste den zuständigen Parlamentariern langsam klar sein, dass ihnen gewisse Richterinnen und Richter auf der Nase herumtanzen. Die unterschiedlich grosszügig ausgelegten Nebentätigkeitsregeln sind schlagender Beweis. Wenn leitendem Personal in Bellinzona, das Zusatzentschädigungen für Präsidialjobs bezieht, trotz Vollpensum auch noch Nebenjobs zugestanden werden, fragt sich schon: Hat da eigentlich jemand die Aufsicht?
Längst ist das Parlament gefordert, auf diesem Justiz-Spielplatz ein Machtwort zu sprechen. Es hat als Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass für alle Gerichte und alle Gerichtspersonen die gleichen Regeln und Rechte gelten, nicht nur in Sachen Nebenjobs.
Wenn sich Betroffene solche Regeln praktisch selber geben, ist etwas faul. Und so leitet man Wasser auf die Mühle der Justiz-Initiative und die Wahl der Bundesrichter per Los.