Urs Hofmann
Wie sich der Aargau in Deutschland als Industriestandort präsentiert

Regierungsrat Urs Hofmann nimmt an der Hannover-Messe teil, der grössten Ausstellung zu technischen und industriellen Betrieben. Der Aargau präsentiert sich dort mit einer Reihe von Firmen als Industriestandort. Allerdings ist noch ist unklar, ob der Aschevulkan den Regierungsrat reisen lässt.

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«Trotz Rezession Mangel an Fachkräften»

«Trotz Rezession Mangel an Fachkräften»

Hans Lüthi

Herr Hofmann, fliegen Sie oder fahren Sie mit dem Zug an die Hannover-Messe?
Urs Hofmann: Wir hoffen, dass wir fliegen können, sonst müssten wir vielleicht auf das Auto umsteigen, wenn es in den Zügen auch keinen Platz hat. Mit dem Zug hätten wir sechs oder sieben Stunden Fahrzeit.

Sie reisen in jedem Fall?
Hofmann: Die ganze Welt setzen wir dafür nicht in Bewegung. Aber es sieht jetzt gut aus.

Leidet die Messe unter dem Flugverbot in Europa?
Hofmann: Unsere Mitarbeiterin ist dort, sie ist am Sonntag mit dem Zug gereist. 80 bis 85 Prozent der Stände konnten rechtzeitig eröffnet werden, von den Ausstellern sind die meisten dort. Auch von den Besuchern her kann die Messe in einigermassen normalem Rahmen durchgeführt werden. Auch die Aargauer Fachleute aus den Betrieben sind in aller Regel sehr gut vertreten.

Wie sehen die Zahlen für die Hannover-Messe 2010 aus?
Hofmann: Rund 15 Aargauer Firmen sind präsent, teilweise auch grössere wie die ABB, die man nicht primär als Aargauer Unternehmen wahrnimmt.

Die Forschung ist stark vertreten?
Hofmann: Ja, es ist eine technische Messe, die Elektroindustrie steht im Zentrum. Präsent ist auch das PSI, zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz. Das erklärt auch die Präsenz des Aargaus, der Kanton allein ginge nicht nach Hannover. Zusammen mit der Forschung können wir uns als Technologiestandort präsentieren.

Update

Die Hannover-Messe ist mit über 6000 Ausstellern die grösste Industriemesse der Welt. Sie dauert vom 19. bis 23. April, der Aargau ist als einziger Kanton dabei. Eine Delegation mit Regierungsrat Urs Hofmann vom Departement Volkswirtschaft und Inneres reist heute nach Hannover. Geplant sind Gespräche mit Wirtschaftsministern und dem Leiter für Wirtschaftsförderung von Bremen sowie ein Nachtessen mit den Aargauer Ausstellern und Besuche im Swiss-Pavillon. An der Messe sind u.a. ABB, PSI und die Fachhochschule. (Lü.)

Und das zahlt sich aus?
Hofmann: Natürlich nicht sofort durch Unternehmen, die sich bei uns ansiedeln wollen. Wichtig sind die langfristigen Kontakte, plötzlich kommen dann Rückfragen, die sich darauf stützen. Ähnlich läuft es mit Aargau Services. Wenn wir nichts machen, haben wir auch keine Chancen. Mit relativ bescheidenem Aufwand kann sich der Aargau als Industriestandort präsentieren.

Was sagen die Unternehmen zur Wirtschaftslage, ist die Rezession endlich vorüber?
Hofmann: Bei meinen regelmässigen Kontakten im Aargau herrscht die Meinung vor, die Talsohle sei durchschritten. Es wird auch wieder Personal eingestellt. Vor einem Jahr rechnete man noch mit längerer Dauer, jetzt ist die Hoffnung grösser. Aber ganz sicher ist niemand.

Verdüstert der Vulkanstaub aus Island den Wirtschaftshimmel?
Hofmann: Das Gefühl habe ich nicht, ausser wenn das sehr lange andauern würde.

Sehen Sie Unterschiede zwischen den Grossfirmen und den KMU?
Hofmann: In der Elektrotechnik fand nicht ein derartiger Einbruch statt wie in der Maschinenindustrie. Hier rechnet man nach den massiven Abstürzen wieder mit einem Anziehen. Vor einem Jahr sprach man von viel schlimmeren Auswirkungen, etwa bei den Arbeitslosen. Im Vergleich zu den Befürchtungen sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.

Sind die politischen Belastungen mit Deutschland spürbar?
Hofmann: Vor einem Jahr war das kein Thema. Aber bei den Präsentationen halten wir mit Wer- bung für steuerliche Vorteile zurück. Da wollen wir nicht unnötig Öl ins Feuer giessen.

Wie regelmässig stehen Sie im Kontakt mit den KMU?
Hofmann: Das läuft auf der institutionellen Ebene und im persönlichen Kontakt. Jeden Monat besuche ich ein kleines oder mittleres Unternehmen persönlich. Das gibt mir einen unmittelbareren Eindruck aus den diversen Branchen.

Wo drückt die KMU der Schuh?
Hofmann: In den letzten Monaten war es zwangläufig die Wirtschaftslage. Immer wieder kommt als Hauptpunkt aber trotz Rezession der Mangel an Fachkräften zur Sprache.

Was können wir dagegen tun?
Hofmann: Die Attraktivität der technischen Berufe müssen wir fördern und die jungen Leute für die technischen Berufe interessieren. Unser duales Bildungssystem mit der Berufsbildung hat Vorteile gegenüber dem Ausland. Wir sind auf guten Wegen, aber es ist ein Mengenproblem.

Technische Berufe sind aber noch immer zu wenig beliebt?
Hofmann: Teilweise fehlt es auch an der Attraktivität, die Löhne gehören nicht immer zu den besten. Wir müssen die Naturwissenschaften an den Schulen fördern, das ist auch die Meinung der Regierung. Am Schluss spielt halt der Wettbewerb, auch international. Da kommt dann auch das Problem der Rekrutierung von ausländischen Spezialisten.

Fachkräfte aus Deutschland?
Hofmann: Es gibt schon Branchen, in denen es heisst, man finde das Personal nur in Deutschland. Aber diese Deutschen nehmen ja nicht primär den Schweizern die Arbeit weg, sondern helfen mit, die Unternehmen und ihre Arbeitsplätze zu erhalten.

Gibt es viele Klagen wegen einer überbordenden Bürokratie?
Hofmann: Viele Unternehmen loben im Gegenteil die im Aargau tiefen bürokratischen Hürden im normalen Ablauf. Die Beschäftigung mit zu vielen Formularen wird da und dort angesprochen, aber das kommt weitgehend vom Bund.