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Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und eine ordentliche Verwahrung. So lautet das Urteil gegen Thomas N., der in Rupperswil kurz vor Weihnachten 2015 vier Menschen getötet hat. Er wurde in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen.
Graues Hemd, kurzer, dunkler Bart, den Blick auf den Tisch gerichtet. So erlebte Thomas N. am Freitagmorgen die drei Verhandlungstage in einem der aufsehenerregendsten Prozesse der Schweizer Kriminalgeschichte.
Die Augen der anwesenden Angehörigen, Journalisten und Zuschauer richteten sich immer wieder auf ihn – den vierfachen Mörder von Carla Schauer (†48), ihren beiden Söhnen Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona (†21).
Wie verhält sich ein Mann, der vier Menschen ermordet hat? Zeigt er Emotionen? Gar Mitleid oder Reue?
Thomas N. zeigte während des Prozesses nichts davon. Er hatte in den vergangenen Tagen kühl und sachlich alle Fragen des Gerichts beantwortet. Zwar bedauerte er die Tat und entschuldigte sich am Ende. Doch das nahm ihm keiner ab.
Auch heute Freitag, am Tag des Urteils, bleibt Thomas N. unfassbar.
Als er kurz nach 10 Uhr den Gerichtssaal betrat, wurde es still. Thomas N., dieses Mal in blauem Pulli über grauem Hemd, setzte sich an seinen Tisch.
Er hob den Blick nicht und richtete seinen Kugelschreiber und das weisse Blatt vor sich auf dem Tisch. Legte alles gerade hin, den Kugelschreiber genau auf die Kante des Blattes. Passend zum Gerichtsgutachten, wo ihm eine Zwangsstörung attestiert wird.
Für die Urteilsverkündung musste Thomas N. aufstehen. Aufrecht stand er da, die Hände übereinander gelegt, die Augen geschlossen.
Er blieb ruhig, bevor das Urteil erfolgte, schloss die Augen. Zeitweise hielt er ein Taschentuch in der Hand. Als das Urteil lebenslänglich und ordentliche Verwahrung folgte, nahm er es regungslos hin.
Dann wollen Prozessbeobachter doch noch Tränen gesehen haben. Doch als Zeichen der Reue interpretierten sie es nicht. Eher Tränen des Selbstmitleids, hiess es.
Danach setzte sich Thomas N. Den Blick richtete er erneut vor sich auf den Boden, stützte den Kopf in die Hände.
Zum Urteil äusserte sich Thomas N. nicht. Seine Verteidigerin sprach davon, dass das Urteil für ihren Mandanten "schwer nachzuvollziehen" sei.
Was geht in einem Angeklagten vor, der das Urteil empfängt? Gegenüber Tele M1 sagte die forensische Psychologin Monika Egli-Alge gestern: «Ich will das nicht bagatellisieren, aber die Anspannung ist auch beim Beschuldigten riesig. Ich mache die Erfahrung, dass wenn das Urteil gesprochen ist, ganz viele Angeklagte Emotionen zeigen. Ein kleiner Teil bleibt emotionslos. Das sind dann vielleicht die gefährlicheren.» (rba)