Das Ende des Bankgeheimnisses ist für Schweizer in Neuseeland ein Problem – zumindest für jene, die ihre Rente vor dem neuseeländischen Staat verheimlichen wollen. Die SVP macht sich nun für genau diese Rentner stark.
Nulltoleranz: Bezieht ein Ausländer missbräuchliche Leistungen einer Sozialversicherung, so kann er ausgeschafft wer- den. Die SVP hat diese Forderung mit ihrer Ausschaffungsinitiative durchgesetzt. Geht es um Schweizer, die in Neuseeland ihre AHV-Rente geheimhalten, ist die SVP erstaunlich nachsichtig.
Die Debatte um den automatischen Informationsaustausch (AIA) verfolgen Schweizer Rentner in Neuseeland nämlich besorgt. Grund dafür ist das dortige System der Altersvorsorge. Leben Schweizer seit mehr als zehn Jahren in Neuseeland, bekommen sie eine Rente vom neuseeländischen Staat genau wie die Einheimischen – finanziert durch Steuergelder. Die neuseeländische Rente wird allerdings mit der AHV-Rente verrechnet. Das heisst, beziehen Schweizer AHV, müssen sie dies dem neuseeländischen Fiskus melden. Die neuseeländische Rente wird entsprechend gekürzt. Grund dafür ist, dass Neuseeland weder mit der Schweiz noch mit einem anderen Land ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat.
Für Schweizer, die vor der Auswanderung hier gearbeitet und entsprechend Lohnbeiträge in die AHV bezahlt haben, ist diese Situation ärgerlich. Wie nun die Diskussion um die Einführung des AIA mit Neuseeland zeigt, gibt es offenbar Auswanderer, die ihre AHV-Rente auf ein Schweizer Bankkonto überweisen lassen, das sie vor den neuseeländischen Behörden geheimhalten. Würde die Schweiz künftig mit Neuseeland Bankdaten austauschen, droht dieses Verhalten aufzufliegen. SVP-Nationalrat Thomas Matter sagte während der Ratsdebatte in der Herbstsession, die Exilschweizer müssten massive Nachsteuern, bis zu zehn Jahre rückwirkend Strafsteuern und vielleicht sogar strafrechtliche Verfolgung in Kauf nehmen.
Die SVP ist massgeblich dafür verantwortlich, dass der Nationalrat den AIA mit Neuseeland abgelehnt hat. Die Vorlage wurde an den Bundesrat zurückgewiesen mit dem Auftrag, zuerst ein Sozialversicherungsabkommen auszuhandeln. Ob die Schweizer Rentner in Neuseeland denn nicht Sozialhilfemissbrauch betreiben? Der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi sagt: «Es geht nicht darum, illegale Aktivitäten zu schützen, sondern die Interessen der Schweizer Staatsbürger zu verteidigen.»
Die vorberatende Kommission des Ständerates beurteilt die Situation freilich anders. Sie will den AIA mit Neuseeland einführen. Kommissionspräsident Martin Schmid (FDP/GR) verweist auf die Zusicherungen Neuseelands, das Spezialitätenprinzip einzuhalten. Dieses besagt, dass Kontodaten aus der Schweiz nur zur Steuerveranlagung verwendet werden dürfen. Wenn nun schwarze Konten auffliegen, müssen die Schweizer wohl Nachsteuern bezahlen. Sie könnten aber nicht bestraft werden, weil sie sich nicht an das neuseeländische Sozialversicherungsrecht gehalten haben. Schmid hält fest: «Ausländer, die in die Schweiz kommen, müssen sich unserem Recht unterstellen. Das Gleiche gilt für Schweizer, die sich in Neuseeland niederlassen.»
Thomas Aeschi lässt dieses Argument nicht gelten. Vor allem glaubt er nicht daran, dass Neuseeland das Spezialitätenprinzip einhalten wird. Er verteidigt das Verhalten der Schweizer Bürger, die ihre AHV-Rente geheimhalten: «Sie haben Anrecht auf die Rente. Denn sie haben in der Schweiz gearbeitet und Steuern bezahlt.» Er spricht von «Konfiskation». Der Schweizer Staat müsse ihnen helfen, ihre Rechtsansprüche durchzusetzen. Geht es nach der SVP, müsste der Bund den automatischen Informationsaustausch als Druckmittel einsetzen, um ein Sozialversicherungsabkommen mit Neuseeland abzuschliessen. Der Bundesrat stellt sich hingegen auf den Standpunkt, dass der AIA eine internationale Norm ist, die es umzusetzen gilt und für die keine Gegenleistung verlangt werden darf.
Ob das Parlament das AIA-Abkommen mit Neuseeland abschliesst oder nicht: Ständerat Schmid sieht für die Schweizer Rentner mit geheimen Bankkonten ohnehin schwarz: «Spätestens seit der Nationalrat das Abkommen abgelehnt hat, ist auch den neuseeländischen Behörden bekannt, dass Schweizer womöglich noch eine AHV-Rente beziehen.» «Was», so fragt er rhetorisch, «würden Sie also tun, wenn Sie neuseeländischer Minister wären?»