Der Unterschied zwischen Betrug und Hinterziehung gehört unter gewissen Bedingungen aufgehoben, fordret der Solothurner Finanzdirektor Christan Wanner. Mehr Transparenz schade nicht. Das Steuerregister sollte seiner Meinung nach sowieso öffentlich sein
«Alle sind vor dem Gesetze gleich, nur einige wenige sind etwas gleicher.» Dieser Satz von einem ehemaligen Kollegen aus dem Nationalrat ist mir in den letzten Wochen immer wieder in den Sinn gekommen.
Alle sind sich einig, dass der Staat etwas kostet. Bildung, Sicherheit oder ein funktionierendes Gesundheitswesen werden als Selbstverständlichkeiten in Anspruch genommen. Wenn es aber um die Kehrseite – nämlich das Bezahlen der Rechnung – geht, ist es um die Solidarität nicht immer zum Besten bestellt. Da wird die hohe Staatsquote beklagt, die zu scharfe Progression, oder es wird ganz einfach lapidar festgestellt, dass sich die öffentlichen Gemeinwesen endlich nach der Decke strecken sollen. Dass diese, welche so lamentieren, selber oft dabei waren und sind, wenn das Ausmass der Decke jenseits der finanziellen Möglichkeiten festgelegt wird, kümmert sie wenig oder nicht.
Zugegeben, alle diese Punkte müssen auf der politischen Ebene diskutiert und in einem demokratischen Verfahren festgelegt werden. Ist das erfolgt, haben sich alle danach zu richten. Auch dann, wenn es um das Bezahlen der unvermeidlichen Rechnungen geht.
In unserem Land ist die steuerliche Moral nach wie vor gut. Umso mehr geht es nicht an, dass es Leute gibt, die glauben, sich vor dem Bezahlen von Steuern drücken zu können. Aus diesem Grunde ist unter anderem die Revision des Steuerstrafrechtes dringend. Der Unterschied zwischen Betrug und Hinterziehung gehört unter gewissen Bedingungen aufgehoben. Oder will jemand behaupten, dass wiederholte und vorsätzliche Hinterziehung ein Kavaliersdelikt darstellt? Da hilft es auch nicht, auf der zuständigen Bundesrätin herumzuhacken, wenn sie nichts anderes tut, als Recht und Gesetz Nachachtung zu verschaffen. Unser Land hat es weder verdient noch nötig, dass einige wenige grossen Schaden anrichten.
Wer hat denn etwas zu befürchten? Es ist wie überall: Ehrlichkeit muss sich lohnen. Wir leben im digitalen Zeitalter. Bald ist alles öffentlich. Ich kann nicht beurteilen, ob das gut ist oder nicht. Vermutlich gilt auch hier, dass weniger oft mehr wäre. Auch die Gemeinwesen sind gehalten, sich mit dem Öffentlichkeitsprinzip abzufinden. Das Recht auf Information ist etwas, das der mündigen Bürgerin und dem mündigen Bürger zusteht.
Bald ist alles öffentlich, auch das Steuerregister sollte es meiner Meinung nach sein. Das hat nichts mit dem gläsernen Bürger zu tun, wie das oft und gerne behauptet wird. Kommt dazu, dass der Staat die Ehrlichen zu schützen hat und nicht die andern. Sollte dies nicht der Fall sein, hat dies gravierende staatspolitische Konsequenzen.
Wenn unser Land gezwungen wird, volle Transparenz nach aussen zuzulassen, muss dies auch nach innen gelten. Oder anders gesagt: Es gibt auch hier nicht zwei Welten. Im Gegenteil, was nach aussen gilt, muss auch nach innen durchgesetzt werden. Das soll jenen ein erstrangiges Anliegen sein, die bei jeder Gelegenheit darauf pochen, dass es nicht angehe, uns vom Ausland her zur Herausgabe von Daten zu zwingen und gleichzeitig unseren Steuerbehörden nicht die gleichen Rechte zuzubilligen.
Auch das hat etwas mit Souveränität zu tun. Das sollen sich auch jene Parteien merken, die sich immer wieder mit den Schlagworten vom gläsernen Bürger starkmachen und sich so bewusst oder unbewusst zum Anwalt jener machen, die sich nur unvollständig um die gesetzlichen Vorgaben kümmern. Sie versetzen damit alle jene in Unmut, die sich an das halten, was für die meisten von uns eine Selbstverständlichkeit ist.