E-Zigaretten
Wer dampft, raucht weniger: Mit E-Zigaretten gegen den Glimmstängel

Die Legalisierung von nikotinhaltigen E-Zigaretten würde den Anteil der Raucher in der Schweiz laut einem unveröffentlichten Bericht um 2,1 Prozent reduzieren.

Lorenz Honegger
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15 Prozent der regelmässigen Konsumenten von E-Zigaretten schafften es sogar, ganz mit dem herkömmlichen Rauchen aufzuhören. Jason Lee/Reuters

15 Prozent der regelmässigen Konsumenten von E-Zigaretten schafften es sogar, ganz mit dem herkömmlichen Rauchen aufzuhören. Jason Lee/Reuters

REUTERS

Sie sehen ein bisschen aus wie Kugelschreiber und stossen Dampf aus, wenn man an ihnen zieht. Die Rede ist von elektronischen Zigaretten. Die Geräte verbreiten sich seit einigen Jahren rund um den Globus. Ihr Konsum gilt aufgrund heutiger Erkenntnisse als weit weniger gesundheitsschädlich als herkömmliches Rauchen. 2010 erzielte die Branche in der Schweiz einen Umsatz von einer Million Franken. 2015 dürfte dieser Betrag auf das Zwanzigfache anschwellen.

Rechtlich bewegen sich die Händler und Konsumenten von E-Zigaretten in einem Graubereich: Die für das Verdampfen notwendige Flüssigkeit darf hierzulande nur verkauft werden, wenn sie kein Nikotin enthält. Wer nikotinhaltiges «Liquid» will, muss dieses noch mindestens drei Jahre aus dem Ausland importieren. Der Handel damit wird voraussichtlich erst 2018 mit dem Inkrafttreten des neuen Tabakproduktegesetzes legal.

«Konservativer Schätzwert»

Ein unveröffentlichter Expertenbericht zu den Folgen des Gesetzes stellt aber schon jetzt eine erstaunliche Prognose: Die Aufhebung des Verkaufsverbotes dürfte den Anteil der rauchenden Bevölkerung «um 2,1 Prozent reduzieren», wie es in dem vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Auftrag gegebenen Papier heisst. Die Autoren vom Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (Bass) sprechen von einem «konservativen Schätzwert». Ihre These begründen sie damit, dass fast alle Konsumenten von E-Zigaretten aktuelle oder ehemalige Raucher sind: «Dampfer, die zugleich noch rauchen, reduzieren die Zahl der pro Tag konsumierten Zigaretten substanziell.» 15 Prozent der regelmässigen Konsumenten von E-Zigaretten schafften es sogar, ganz mit dem herkömmlichen Rauchen aufzuhören. Das Büro stützt seine Befunde auf Daten aus Frankreich, wo der Handel von nikotinhaltiger Flüssigkeit heute schon legal ist.

Dass E-Zigaretten als «Einstiegsdroge» Jugendliche zum Rauchen animieren könnten, bezeichnet der Bericht als unplausibel. Dafür gebe es keine empirische Evidenz. Die Experten raten dem Bund sogar im Gegenteil, das Wachstum des Marktes für die Geräte nicht mit Werbeverboten «zu beschränken»: «Vielmehr sollte es den Unternehmen der Branche erlaubt sein, mittels geeigneter Marketinginstrumente so viele Raucher wie möglich vom Wechsel zum Konsum von nikotinhaltigen E-Zigaretten zu überzeugen.»

Milliarden-Einsparungen

Ob der Bundesrat dem Vorschlag folgt, wenn er voraussichtlich in der zweiten Oktoberhälfte das Tabakproduktegesetz verabschiedet, ist eher fraglich: Das Regelwerk besteht zu einem grossen Teil aus Massnahmen, um die Werbung für Zigaretten und andere gesundheitsschädliche Produkte einzudämmen. E-Zigaretten sollen nach jetzigem Stand der Planung mit regulären Tabakprodukten gleichgestellt werden. Finanziell dürfte sich das Tabak-Gesetz laut Büro Bass positiv auswirken: Der Bericht geht davon aus, dass die neuen Werbeverbote und die Legalisierung von E-Zigaretten jährlich einen Nettonutzen von 427 bis 603 Millionen Franken mit sich bringen. Während die Umsetzung des Gesetzes mit maximal etwas mehr als 20 Millionen Franken zu Buche schlägt, betragen die mit dem Gesetz verbundenen Einsparungen Hunderte Millionen Franken: Ein gewichtiger Teil der Kosten für tabak-bedingte Spitalaufenthalte, Arztbesuche, Medikamente und Arbeitsausfälle würde wegfallen.

Die Zigarettenmultis müssten zwar Einnahmenausfälle in der Höhe von 111 bis 170 Millionen Franken pro Jahr hinnehmen. Die Konsumenten gäben das Geld, das sie nicht für Zigaretten ausgeben, gemäss Bericht jedoch ganz einfach für andere Produkte aus. Die verlorenen Arbeitsplätze im Tabaksektor würden sich in andere Wirtschaftszweige verschieben.

Ähnlich sieht es bei der Tabaksteuer aus: Diese dürfte aufgrund des Rückgangs an Rauchern zwar deutlich abnehmen. Ein erheblicher Teil davon könnte jedoch durch Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer und der direkten Steuer kompensiert werden.