Für Didier Burkhalter ist 2014 ein Schicksalsjahr. Das Bundespräsidium wird neben all den Abstimmungen,Verhandlungen und anderen Verpflichtungen zum Nebenjob. Der bislang unauffälligste Bundesrat wird gefordert werden.
«Franchement, j’en sais rien», sagte Didier Burkhalter gestern Morgen dem Tessiner Fernsehen RSI auf die Frage, wie er das Bundespräsidium und seine Verpflichtungen als Aussenminister unter einen Hut bringen will. Auf Deutsch: «Ehrlich gesagt, ich weiss es selber nicht.»
Über seine Antwort musste er selbst schmunzeln. Böse Zungen sagen, er habe sich seit seiner Wahl in die Landesregierung vor vier Jahren noch nicht beweisen müssen. Das dürfte sich bald ändern.
«Wir wollten Englisch lernen und haben Liebe gelernt», sagte Didier Burkhalter einst darüber, wie er seine Frau Friedrun Sabine kennen lernte. Mit 16 verliebte sich die neue First Lady der Schweiz während eines Sprachaufenthalts in den Neuenburger. Noch heute sind sie unzertrennlich. Bei der Wahl Burkhalters zum Bundespräsidenten wich Friedrun Sabine nicht von seiner Seite. Hand in Hand mit seiner Frau präsentierte sich der neue Bundespräsident den Fotografen. «Sie stärkt ihm stets den Rücken», erzählt ein langjähriger Bekannter Burkhalters. «Umgekehrt aber auch, die beiden respektieren sich sehr.» Andere behaupten, dass Friedrun Sabine und Didier Burkhalter geradezu aneinander kleben würden. Sogar wenn der Bundespräsident in seinem Arbeitszimmer Besuch empfängt, sei sie manchmal dabei - Händchen haltend, versteht sich. Auch ausserhalb der Landesgrenzen steht die 46-Jährige ihrem Mann zur Seite. 2012 begleitete die gebürtige Österreicherin Burkhalter auf elf Auslandreisen. Auf die neue First Lady kommen im Präsidialjahr ihres Mannes noch einige Reisen zu. Bereits gestern flog Burkhalter in die Ukraine. Seine Frau blieb für einmal zu Hause. (ifr)
Passiver Innenminister
Die ersten zwei Jahre im Bundesrat stand er dem Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) vor, schien aber von Anfang an den Absprung vorzubereiten. So erreichte er im EDI wenig – nicht dass dies ungewöhnlich wäre.
In der Sozial- und Gesundheitspolitik sind die Fronten seit Jahren verhärtet. Auch Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin schafften es nicht, sie aufzuweichen. Doch Burkhalter eilt der Ruf nach, dass er es nicht einmal versucht hatte. Nach der gescheiterten AHV-Revision, die sein Vorgänger Couchepin initiierte, blieb es beim aussichtslosen Versuch, den Umwandlungssatz der beruflichen Vorsorge zu senken. Danach organisierte er vor allem runde Tische.
Flucht ins Aussendepartement
2012 flüchtete er nach nur zwei Jahren im wichtigen Innendepartement ins weniger einflussreiche Aussendepartement (EDA) und erzürnte so viele seiner Parteikollegen. Obwohl ihm die Aufgabe als Aussenminister eher zusagte, fiel er nach aussen nicht durch Tatendrang auf.
Kritiker monierten, er scheue sich davor, seine Entscheidungen zu erklären. Wohlwollende Stimmen hingegen sagten, Burkhalter treibe die Interessen der Schweiz vorzugsweise hinter verschlossenen Türen voran.
Ob er will oder nicht: 2014 wird Didier Burkhalter als Aussenminister und Bundespräsident stark im Fokus stehen. Das liegt vor allem an den Beziehungen zur Europäischen Union, wo es an mehreren Fronten brennt.
Als wichtigstes Dossier muss Burkhalter die Verhandlungen mit Brüssel über ein institutionelles Rahmenabkommen zu Ende bringen. Dieses regelt, welches EU-Recht die Schweiz in Zukunft übernimmt, welche Institutionen das Recht auslegen, überwachen und Streitfälle schlichten. Ohne ein solches Abkommen will die EU keine neuen Verträge mit der Schweiz eingehen.
Doch genau darauf ist Bern sehr erpicht: Ein neues Stromabkommen etwa gilt als eminent wichtig für die Stromversorgungssicherheit des Landes. Innenpolitisch hat ein Rahmenabkommen aber nur dann Chancen, wenn es die Souveränität der Schweiz nicht zu stark beschneidet.
Kein Entrinnen vor SVP-Initiativen
Nicht weniger entscheidend sind die Abstimmungen zur SVP-Masseneinwanderungsinitiative und zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien. Nimmt das Stimmvolk die Initiative an, sind die bilateralen Verträge mit der EU mittelfristig gefährdet. Dasselbe gilt bei einem Nein zum freien Personenverkehr mit Kroatien. Bei beiden Urnengängen wird sich Burkhalter im Abstimmungskampf engagieren müssen.
Als wäre das noch nicht genug, übernimmt die Schweiz 2014 auch noch den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), der rund 57 Staaten angehören. Burkhalter wird damit zum doppelten Präsidenten. Die Wahl findet heute statt. Inhaltlich will sich Burkhalter in der OSZE auf Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte konzentrieren.
Für Auslandreisen dürfte Bundespräsident Burkhalter mehr Zeit aufwenden als sein Vorgänger Ueli Maurer: Der SVP-Magistrat verliess die Schweiz in seiner Amtszeit nur neun Mal. Bis jetzt sind allerdings erst Staatsbesuche in Polen, Österreich und Italien fest eingeplant. Empfangen darf Burkhalter den deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck.