Startseite
Schweiz
Schulmaterial aus der PR-Abteilung grosser Firmen und Branchenverbände? Das gibt es auch in der Schweiz, wie diese ausgewählten Beispiele zeigen.
In Schweizer Klassenzimmern kommen immer mehr gesponserte Lehrmittel zum Einsatz. Mittlerweile sind es doppelt so viel wie noch vor acht Jahren. Auf der Plattform kiknet.ch findet sich Schulmaterial zu rund 180 Themen. Dieses wurde in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Interessenverbänden sowie privaten und öffentlichen Organisationen erstellt.
Die Liste der Partner reicht von A wie Armee bis Z wie Zweifel-Chips. Nachfolgend einige ausgewählte Beispiele:
Kiknet verpflichtet sich zu Neutralität. Auf den Arbeitsblättern dürfen keine Werbebotschaften stehen. Beim Znüni-Memory von Milchproduzenten-Verband Swissmilk ist der Partner klar ersichtlich. Ähnliche Spiele gibt es mitunter auch zu Kräutern (Ricola) oder Schokolade (Cailler).
Beim Käsedomino – entstanden in Zusammenarbeit mit Emmentaler Switzerland – erinnert der Schriftzug stark an das Logo des Produkts.
Softdrink-Hersteller Rivella präsentiert sein Produkt im Lehrmittel ganz selbstverständlich als «Nationalgetränk».
Die Weinkellerei Rimuss bietet Schulen gleich ein ganzes Degustationsset an.
Victorinox bietet Lehrmaterial zu unterschiedlichen Themen. Bei der Anleitung zum Holzschnitzen darf ein Bild eines Sackmessers aus dem eigenen Haus nicht fehlen.
Der Schweizer Fleisch-Fachverband stellt umfangreiches Material zum Thema Fleisch zur Verfügung aber nicht nur das: Auf Wunsch kann auch ein Wurstkit zum Wursten im Klassenzimmer ausgeliehen werden.
Online-Fotodienstleister ifolor liefert Material für das «Projekt Fotobuch». Eine Aufgabe besteht darin, dass sich die Schülerinnen und Schüler überlegen, wie sie ein solches Projekt bezahlen können.
Die Post unterhält einen eigenen Schulservice und bietet entsprechend umfangreiches Unterrichtsmaterial. Kindergärtner können beispielsweise das Lied vom «Toni vo de Post» lernen. Und so klingt es:
Spätestens in der Oberstufe wird die Politik zum Schulstoff. Wie das funktioniert, zeigt die FDP.
Wenn die Politik versagt, kommt die Armee zum Einsatz. Auf verschiedenen Arbeitsblättern werden Gefahren wie Terrorismus und Cyber War aufgezeigt und damit die Existenz der Schweizer Armee rechtfertigt.
Der Jäger-Dachverband Jagd Schweiz liefert viel Wissenswertes, darunter 10 gute Gründe für die Jagd. Gründe dagegen dürfen sich die Schüler in einer Pro-und-Kontra-Übung selber ausdenken.
Rollenbilder und Gleichberechtigung werden in der Pubertät zu zentralen Themen. Das Unternehmen Always, Hersteller von Damenhygieneartikeln und Teil des Konzerns Procter & Gamble, verweist im Lehrmaterial zum Thema auf ein entsprechendes des Firmen-Video.
Swatch-Tochter Flik Flak ermuntert Primarschüler, ihre eigene Uhr zu gestalten. Nicht irgendeine Uhr – sondern eine Flik Flak eben.
Sekundarschüler werden hingegen von der Erdöl-Lobby angehalten, sich über das Marketing eines Rohstoffs Gedanken zu machen, der unter einem schwierigen Image leidet.
Auffallend viele Arbeitsblätter befassen sich mit Energiefragen, insbesondere mit der Kernenergie. Problematische Aspekte wie Strahlung und radioaktiver Abfall werden ebenfalls behandelt.
Selbst für den Religionsunterricht finden sich einige Arbeitsblätter. Der auf religiöse Publikationen spezialisierte Verlag Dornbusch Medien scheut sich nicht, heikle Themen wie künstliche Befruchtung aufzugreifen.
Einen Überblick über alle Themen und Lehrmittel-Partner von kiknet.ch finden Sie hier.
Die Präsidentin des Aargauischen Lehrerverbandes, Elisabeth Abassi, sieht darin auch eine Folge der Sparmassnahmen im Bidlungsbereich und kritisiert den Trend zum Schul-Sponsoring. Weil die Finanzen immer knapper werden, steht den Lehrpersonen weniger Geld für Unterrichtsmaterial zur Verfügung.»