Kappel
«Volksrechte immer öfters ausgehebelt»

«Mit den in Kommissionen und Parlament geschmiedeten Fait accompli werden demokratische Prozesse und Volksrechte immer öfter ausgehebelt», sagte SVP-Parteipräsident Toni Brunner beim 3. Gedenktag der Kappeler Milchsuppe am Freitag im einstigen Schlachtort.

Drucken
Toni Brunner

Toni Brunner

Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern

Von Werner Schneiter

Die Initiative, den Gedenktag über die Kantonsgrenzen hinaus zu begehen, stamme nicht zufällig von der SVP. «Wir sind eine Partei, die hinter der Geschichte mitsamt ihren Widersprüchen steht», sagte Toni Brunner im Anschluss an den historischen Exkurs des Historikers David Vogelsanger (vgl. Beitrag unten). Schon früher, beim sogenannten «Christlichen Burgrecht» habe es Tendenzen gegeben, das Volk auszuschalten. Der Parteipräsident stellte dann den Link in die heutige Zeit her und sprach unter Zuhilfenahme einiger Beispiel von «bedenklichen Tendenzen». Sie gehen nach seinen Worten in Richtung «Ausschaltung des Volkswillens». Als erstes Beispiel nannte Brunner die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit, bei der das Volk zwei Fragen gleichzeitig beantworten musste, auch jene über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien. «Dabei hat man uns versprochen, über jeden Erweiterungsschritt einzeln abstimmen zu können», fügte Brunner bei und nannte das - zuerst ein Versprecher - «ein historisches Verbrechen an der Demokratie».

In die gleiche Kerbe schlug er bei der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer, wo ihn die Tatsache ärgert, dass das Parlament den erforderlichen Bundesbeschluss «in zwei Tagen durchpeitschen» soll. «Man hat gemerkt, dass die Verlegung der Volksabstimmung um ein Jahr die Chancen zur Annahme erhöht», fügte der Parteipräsident bei. Er und seine Mitstreiter in der Fraktion stossen sich daran, dass mit der Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 8% die Lücken in der IV gestopft werden sollen - zusammen mit Milliarden, die der AHV versprochen worden seien. Das sind für ihn keine echten Reformen, sondern einfach Geldbeschaffungsmechanismen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die CO2-Abgabe seien gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten keine Rezepte, genauso wenig wie das Konjunkturprogramm, das Toni Brunner als «eine riesige Umverteilungsübung» bezeichnete. Das Rezept seiner Partei: steuerliche Entlastung, mit der die Kaufkraft erhöht wird.

Parlament als «Nachvollzugsorgan»

Als weitere Beispiele dieser «bedenklichen Tendenzen» führte er die Aufweichung des Bankkundengeheimnisses an. Bundesrat Merz mache Zugeständnisse in eigener Regie - ohne Parlament und Volk. «Wir fordern schon lange eine verfassungsmässige Verankerung des Bankgeheimnisses», so Brunner.

Das Parlament sei immer mehr «ein Nachvollzugsorgan». Militäreinsätze in Somalia, von der ständerätlichen Kommission und von der sicherheitspolitischen Kommission abgesegnet, sollen im Herbst durchs Parlament «gepeitscht werden», obwohl ja die Militärgesetzrevision gescheitert sei, nach der man Schweizer Soldaten zwingend ins Ausland hätte schicken können. Immer öfters sollen Gesetzesänderungen umgangen werden, weil dann kein Referendum möglich sei. Als «bedenklich» bezeichnete Brunner auch den Umstand, dass gesetzliche Bestimmungen durch Richter abschliessend beurteilt und auch für ungültig erklärt werden sollen. «So wird die Demokratie ausgehebelt»

Die SVP kämpfe gegen diese Tendenzen, sie marschiere bei vielen Dingen allein, insbesondere in aussenpolitischen Belangen, oder bei Migrationsfragen. «Drang ins Ausland statt Selbstbestimmung und Souveränität. Einfachere politische Prozesse und weniger Volksabstimmungen» - dagegen kämpfen wir. Solcherlei Tendenzen habe schon Zwingli festgestellt. «Auch wenn wir jetzt Milchsuppe essen und wie anno dazumal friedlich sind - wir müssen gleichwohl wach sein. Sonst wird uns der Dolch in den Rücken gerammt», schloss Toni Brunner unter grossem Applaus.