Schläger-Attacke
Vater nach Suizid von Alain (21): «Ich bin schreiend aus dem Haus gerannt»

Nur 16 Tage nach dem Suizid seines Sohnes tritt Beat Meier im Fernsehen auf. Er spricht über die vorausgehende Prügelattacke, denn er ist überzeugt, dass die Schläger seinen Sohn auf dem Gewissen haben. Weshalb der Vater nicht still trauern will.

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Beat Meier kann nicht mehr schlafen. «Posttraumatische Störung nennt man das», sagt er. Am 8. September hat er seinen Sohn tot in dessen Wohnung aufgefunden. Er beging Suizid, drei Tage nachdem er von einer Gruppe Jugendlichen zusammengeschlagen worden ist.

Am Donnerstag hat die Zuger Polizei zwei Verdächtige festgenommen. Der Vater ist überzeugt, dass die Schläger seinen Sohn auf dem Gewissen haben.

Passiert ist es in der Nacht vom 4. auf 5. September auf der Schützenmattwiese in Zug, der 21-Jährige Alain war auf dem Heimweg. «Ich weiss, es ging um ein Bier – er hätte dieses einem unter 16-Jährigen geben müssen und weigerte sich», sagt der Vater. Darauf wurde er brutal verprügelt.

Alain war psychisch vorbelastet. «Er hat eine sehr schwere Vorgeschichte», so der Vater. Der Vorfall habe ihm deshalb besonders schwer zugesetzt. «Das hat er auch seinem besten Freund und mir bestätigt.»

Zwei Tage später spürt Beat Meier dann, dass etwas nicht stimmt, «dass mein Sohn wahrscheinlich gestorben ist». «Ich bin schreiend aus dem Haus gerannt und weinend nach Zug gefahren.» Dort fand er Alain tot auf. «Das ist das Bild, das mir nicht aus dem Kopf geht.»

Und doch war er am Donnerstagabend im «TalkTäglich»-Studio zu Gast bei Markus Gilli auf Tele Züri. Am schwersten fällt es Beat Meier, über die Momente im Spital nach der Prügelattacke zu sprechen.

Noch am Tag vor dem Vorfall habe er Alain aufgestellt und zuversichtlich erlebt. «Im Spital habe ich einen Mann mit einem gebrochenen Blick gesehen, einen hilflosen Mann. Und ... er hat uns länger gedrückt als normal.» Beat Meier kämpft mit den Tränen.

Aber er kämpft auch für seinen Sohn. Indem er alles andere als still trauert.

Erst äussert er sich via Facebook, der Post wurde rund 30'000 Mal geteilt. Ganze 600 Emails, darunter Zeugenaussagen, erreichten ihn.

Der Facebook-Post wurde bis jetzt rund 30 000 Mal geteilt.

Der Facebook-Post wurde bis jetzt rund 30 000 Mal geteilt.

Screenshot Facebook/Beat Meier

«Ich habe erfahren, dass alle, die um ihn herum waren, nicht eingegriffen haben. Einige sollen stattdessen sogar zum Handy gegriffen haben, um die Schlägerei zu filmen.» Für Beat Meier ist das «fehlende Zivilcourage». «Das war ein Grund, weshalb ich handeln musste.»

Aber es gibt noch einen anderen, fast wichtigeren Grund. Der Vater will nicht, dass sich wiederholt, was seinem Sohn passiert ist. Er will, dass die Exekutive wirkungsvoller gegen gewaltbereite Personen vorgehen kann.

Denn: «Es war bekannt, dass diese Leute, die Alain verprügelt haben, Gewaltpotenzial haben. Sie waren auffällig und wir hatten nicht die richtigen Mittel, dass die Exekutive, die Polizei, reagieren konnte.» – «Hier hat der Staat versagt.» Und dies sei seine Motivation gewesen, «diesen wahnsinnigen Schritt zu machen».

Konkret stellt er sich «ein Punktesystem vor. Wenn jemand auffällig wird, soll dieser in einem entsprechenden Register landen – mit vorgeschriebenen Konsequenzen wie etwa einem Ausgangsverbot am Abend oder dem Verbot, sich grösseren Versammlungen anzuschliessen.

Gewaltbereite Personen sollten zudem professionelle Hilfe bekommen, «damit sie lernen mit ihrem Verhalten umzugehen.» Die Täter, die seinen Sohn verprügelt haben, sieht er als «Opfer, die nichts dafür können, dass sie die genetische Disposition haben, die vielleicht zu Gewalt führt».

«Ich fordere die Politiker auf, dass wir in der Schweiz etwas tun gegen Gewalt auf der Strasse, dass unsere Kinder wieder in den Ausgang können, so wie wir das früher gemacht haben.» (smo)