Ueli Maurer geht als eigensinniger Bundespräsident in die Geschichte ein. Sein Präsidialjahr war geprägt von grossen und kleinen Eklats. So profilierte er sich als Mann des Volkes. Selbst politische Gegner attestierten ihm viel Authentizität.
Eines muss man Ueli Maurer lassen: Er war ein Bundespräsident mit Unterhaltungswert. Zuverlässig provozierte der Zürcher in seinem Präsidialjahr Eklat um Eklat. Geschickt grenzte er sich von den Positionen des Gesamtbundesrates ab, ohne das Kollegialitätsprinzip direkt zu verletzen. Mit der Tonlage gab er jedem zu verstehen, was er wirklich dachte.
Aktuellstes und vielleicht auch bestes Beispiel ist sein Auftritt bei der SVP-Delegiertenversammlung in Luzern vor knapp zwei Wochen. Als Bundespräsident musste Maurer der Parteibasis die Meinung des Gesamtbundesrates zur Masseneinwanderungsinitiative darlegen.
Der Haken: Seine Bundesratskollegen sehen im Volksbegehren der SVP eine ernsthafte Bedrohung für das Land. Für ihn hingegen ist es die richtige Lösung. Um zu zeigen, wie wenig er von der Position des Gesamtgremiums hält, hielt Maurer ein besonders lustloses Referat gegen die Initiative.
Als Kompensation für den ausbleibenden Eklat zündete er – kein Witz – eine Tischbombe. Da wusste der hinterste und letzte SVP-Delegierte: Der Bundespräsident steht auf unserer Seite.
Mann des Volkes
Mit Aktionen wie dieser profilierte sich Maurer während seines Präsidialjahres als Mann des Volkes. Sogar politische Gegner attestieren dem Bundespräsidenten 2013 viel Authentizität.
Als er sich im Nationalratssaal von einem Kameramann gestört fühlte, beschimpfte er diesen kurzerhand als «Aff» – und bekam dafür in den Kommentarspalten der Online-Portale viel Zuspruch.
Am gleichen Tag liess er nach einer wichtigen Debatte Dutzende von Medienleuten stehen und unterhielt sich stattdessen mit einem Bundeshausbesucher, der ihm einen Modell-Kampfjet geschenkt hatte.
Sein Verhältnis zu den Medien im Präsidialjahr war schwierig wie eh und je: Mitte September kritisierte er am Verlegerkongress in Interlaken die «selbst verfügte Gleichschaltung» in der Medienlandschaft und wurde von den Zuhörern prompt ausgebuht.
Gross- gegen Kleinstaaten
In seinen Reden während des Präsidialjahres schoss sich Maurer mit Vorliebe auf Grossmächte ein. Bei der Eröffnung des World Economic Forum in Davos geisselte er sie für ihre Machtpolitik gegenüber Kleinstaaten und empfahl ihnen, sich an der Schweiz ein Beispiel zu nehmen.
Maurer kümmerte nicht, dass vor ihm die wichtigsten Wirtschaftsführer der Welt, Staatschefs und Wissenschafter sassen. Ausserhalb der Landesgrenzen schlug die unfreundliche Begrüssungsrede keine grossen Wellen. Im Inland hatte er bei vielen einen Nerv getroffen.
Wenig Treffsicherheit bewies Maurer allerdings im Umgang mit historischen Ereignissen. Zum Beispiel, als er beim Besuch in Peking erklärte, es sei an der Zeit, einen Schlussstrich unter das Tiananmen-Massaker zu ziehen.
Oder als sein Departement in einem Communiqué die Rückweisung von Juden an der Schweizer Grenze im Zweiten Weltkrieg verschwieg.
Auch in seiner Funktion als Verteidigungsminister hatte Maurer ein durchzogenes Jahr. Er gewann zwar die Wehrpflicht-Abstimmung und konnte das Parlament vom Kauf von 22 Gripen-Kampfjets und von einem Armeebudget von fünf Milliarden Franken überzeugen.
Doch da war auch das missglückte Handling des Datendiebstahls beim Nachrichtendienst, die allseits kritisierte Armeereform und die zögerliche Reaktion auf die Enthüllungen rund um den amerikanischen Geheimdienst NSA.
Die vielen Baustellen haben einen Vorteil: Obschon Maurer ab heute wieder ein gewöhnlicher Bundesrat ist, wird er nicht so schnell von der Bildfläche verschwinden. Die Show geht weiter.