Startseite
Schweiz
Pascale Baeriswyl, die neue Staatssekretärin im Aussendepartement, könnte es 2017 in der Schweizer Politik weit bringen. Zu diesem Schluss kommt man, wenn man sich bei aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern der 48-Jährigen umhört.
Als Aufschneiderin, die rücksichtlos und auf Kosten der Familie ihre Karriere verfolgt und die Schweiz so schnell wie möglich in die EU führen möchte: So wurde Pascale Baeriswyl im vergangenen Oktober von der «Weltwoche» porträtiert, die nach der Beförderung der Sozialdemokratin und vormaligen Vizechefin der Direktion für Völkerrecht zur Staatssekretärin des Aussendepartements (EDA) offenkundig um Fassung rang.
Nur: Hört man sich bei aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern Baeriswyls um, klingt alles ganz anders. «Sie ist sehr umgänglich, kompetent und tüchtig», sagt einer, der inzwischen bei einer internationalen Organisation arbeitet. «Nicht wenige im EDA reden mehr, als sie arbeiten – Baeriswyl gehört nicht zu ihnen.» Er traue ihr das wichtigste Amt hinter Aussenminister Didier Burkhalter problemlos zu.
Baeriswyls Vorgänger Yves Rossier, der nun als Botschafter nach Moskau wechselt, sei zwar ebenso blitzgescheit, sagt der Insider. «Aber er war impulsiv und alles andere als ein einfacher Typ.» Baeriswyl, die mit allen per Du sei, werde einen anderen Umgang pflegen, was «für viele Mitarbeiter eine Erleichterung bedeuten wird».
Ein aktueller EDA-Mitarbeiter, der sie von mehreren gemeinsamen Reisen kennt, hält Baeriswyl für «tough und machtbewusst» – Eigenschaften, die für eine Staatssekretärin in der nach wie vor männerdominierten, konservativen Diplomatie vonnöten seien. Ihr SP-Parteibuch – das nach der Ernennung durch FDP-Magistrat Burkhalter bei bürgerlichen Politikern für einiges Unbehagen sorgte – werde keine Rolle spielen, glaubt er. «Viel wichtiger ist: Baeriswyl würde niemals etwas tun, was den Interessen ihres Chefs widerspricht. Sie ist bedingungslos loyal.»
So viel sie von der Staatssekretärin, die ihr Amt Anfang Dezember 2016 angetreten hat, auch halten: Dieser Punkt verursacht beiden Wegbegleitern Baeriswyls Bauchschmerzen. Aussenminister Burkhalter umgebe sich ausschliesslich mit Personen, die ihm hörig ergeben seien. «Seine drei wichtigsten Leute – die persönlichen Mitarbeiter Damien Cottier und Jon Albert Fanzun sowie Informationschef Jean-Marc Crevoisier – bilden seine Entourage, der er bedingungslos vertraut.»
Zu dieser «Boygroup» werde Baeriswyl nun wohl dazustossen. Allen anderen Mitarbeitern seines Departements gegenüber sei Burkhalter eher distanziert und zuweilen fast schon verschlossen. Kritik äussert auch FDP-Kollege Walter Müller. «Wenn man nur Personen neben sich duldet, welche die eigenen Worte wiederholen, schätzt man die Mehrheitsfähigkeit der eigenen Positionen schnell falsch ein», warnt der St. Galler Nationalrat.
Pascale Baeriswyl will sich auf Anfrage der «Nordwestschweiz» weder zu ihrer Person noch zu ihren Zielen im neuen Amt äussern. Stellung beziehen werde sie erst nach einer rund hunderttägigen Einarbeitungszeit, die man ihr bitteschön zugestehen möge, lässt sie ausrichten. Die Kommunikationsabteilung des EDA verweist auf Baeriswyls Äusserungen während der Pressekonferenz anlässlich ihrer Ernennung vor zweieinhalb Monaten.
Sie freue sich besonders, hatte die 48-jährige Baslerin damals gesagt, mit Bundesrat Burkhalter «einen der erfahrensten Aussenminister der Welt» unterstützen zu dürfen, der der Schweiz eine international sehr gute Reputation habe verschaffen können. Burkhalter errötete – und betonte seinerseits, Baeriswyl habe jede einzelne Bewerbungsrunde für sich entschieden.
Diese Themen beschäftigen uns 2017:
Eine Aussage, die durchaus als Affront gegenüber ihren Mitbewerbern verstanden werden konnte. Darunter waren Roberto Balzaretti, ihr eigener Vorgesetzter, der bis Ende 2015 die EU-Mission in Brüssel geleitet hatte, und Livia Leu, Chefin der Abteilung für bilaterale Wirtschaftsbeziehungen im Staatssekretariat für Wirtschaft.
Im Dezember trat Baeriswyl, die seit 2000 im Dienst des EDA steht und in Hanoi, Bern, Brüssel und New York tätig war, zweimal in Erscheinung. Einmal sprach die zweifache Mutter das Grusswort am Internationalen Tag der Menschenrechte im Kino Riffraff in Zürich: «Menschenrechte sind nicht alles im Leben, aber ohne Menschenrechte ist alles nichts», lautete ihre Kernbotschaft. Einmal hielt sie am Völkerrechtstag im Berner Rathaus vor Juristen aus aller Welt ein Referat zur Vorreiterrolle der Schweiz im Kampf gegen Potentatengelder. Themen, bei denen Baeriswyl die Komfortzone nicht verlassen musste.
In diesem Jahr wird sie mehr gefordert sein: Burkhalter will ihr ab Juli zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben das Verhandlungsmandat mit der EU übertragen, das Rossier entzogen und an den bald in Rente gehenden Staatssekretär Jacques de Watteville ausgelagert worden war. Die übrigen sechs Bundesräte aber seien noch nicht restlos überzeugt, heisst es.