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An zahlreichen Orten in der Schweiz finden am Mittwoch Anlässe und Kundgebungen zum Tag der Arbeit statt, auch wenn der Tag nicht überall arbeitsfrei ist. Landesweit sind heute mehr als 50 Veranstaltungen geplant – News, Bilder und Videos finden Sie in unserem Liveticker.
Der Tag der Arbeit war nicht nur ein roter, sondern auch ein violetter Festtag: An den Umzügen und Rednerpulten wurde wie bereits im vergangenen Jahr auf die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen aufmerksam gemacht. Auch die Klimaposter fanden ihren Weg an die Demos. Das offizielle Motto lautete jedoch: "Mehr zum Leben."
Mehr Lohnschutz, mehr Lohn, mehr Rente, mehr Prämienverbilligungen und mehr Sicherheit am Arbeitsplatz forderten der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften am Mittwoch. Doch auch das aktuell hoch gehandelte Thema Klimaschutz fand seinen Platz am Tag der Arbeit.
So nahm der neue SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard die Klimajugend in seine Rede auf. Ihr Verdienst sei es, dass sie das Feld der politischen Debatte erweitert habe. Doch es brenne nicht nur beim Klima, sondern auch bei der sozialen Frage.
Erstmals seit Jahrzehnten werde Europa wieder durch eine soziale Krise erschüttert, welche jedoch nicht nur Arbeitslose, sondern auch die Arbeitnehmenden treffe, sagte Maillard gemäss Redetext an seinem ersten öffentlichen Auftritt als SGB-Präsident in Olten SO. Erwartet wurde er am Abend auch zu den 1.-Mai-Festivitäten in Sitten.
Der Klimanotstand und die soziale Frage müssten gleichzeitig angegangen werden, findet Maillard. Das Kapital müsse in Einklang mit der Klima-Herausforderung neu ausgerichtet werden. Der Markt alleine werde dies jedoch nicht richten. Es brauche öffentlichen Druck und soziale Verhandlungen.
Auch Maillard machte in seiner Ansprache auf die Ungleichheit der Frauen gegenüber den Männern aufmerksam. Es sei die älteste und schlimmste Ungerechtigkeit in der Geschichte, sie müsse durch einen gemeinsamen Kampf gestoppt werden.
Dabei nannte er neben der Lohnungleichheit auch als Problem, dass Gewalttaten gegen Frauen auf Französisch als "crime passionnel" verharmlost würden: als Verbrechen verübt aus Leidenschaft.
Auch Unia-Chefin Vania Alleva verband die Themen in ihren Reden in Winterthur und Altdorf. "Der Preis, den wir für diese soziale, politische und ökologische Dauerkrise zahlen müssen, wird immer höher. Wir müssen uns dagegen wehren", sagte sie gemäss Text.
Von den Bundesräten waren die SP-Magistraten Alain Berset und Simonetta Sommaruga unterwegs. Auch Berset hat in seiner Rede in Solothurn die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau kritisiert. Der 1. Mai sei auch ein Tag der konkreten Forderungen. Es sei ein Tag, an dem man genau hinschaue, ob man wirklich in einer fairen Gesellschaft lebe, oder in einer Gesellschaft, die nur behauptet, fair zu sein.
Seine Amts- und Parteikollegin Simonetta Sommaruga besuchte eine Kinderkrippe in Freiburg, wo sie mit den Mitarbeitenden über ihre Aus- und Weiterbildung, ihre Arbeitsbedingungen und die Entlöhnung sprach.
Der SGB hat landesweit rund 60 Veranstaltungen organisiert und zu zahlreichen Umzügen aufgerufen. Der 1.-Mai-Demonstrationszug in Zürich lockte gemäss Organisatoren rund 16'000 Personen an. Das sind 3000 Personen mehr als im Vorjahr. Auch dort schwappte die Klimadebatte auf den Tag der Arbeit über - so wurde auf einem Transparent beispielsweise die Flugticketabgabe gefordert.
Am Umzug schritten auch zahlreiche, zum Teil vermummte Personen aus dem linksautonomen Umfeld mit. Sie zündeten Rauchpetarden und warfen Farbbeutel unter anderem gegen eine Bank-Filiale und das französische Generalkonsulat. Grundsätzlich zog die Stadtpolizei jedoch eine positive Bilanz. Neben einzelnen Sachbeschädigungen wurde auch ein Streifenwagen der Stadtpolizei beschädigt - von einer als Clown verkleideten Demonstrantin. Diese wurde am Limmatquai festgenommen.
Als eine der Hauptrednerinnen trat in Zürich Nationalrätin Barbara Gysi auf auf. Die Vizepräsidentin der SP forderte unter anderem, dass die Löhne in den typischen Frauenberufen erhöht und Care-Arbeit endlich abgegolten werden müssten. SP-Präsident Christian Levrat wurde am Abend bei den Festivitäten in Interlaken erwartet.
Auch Grünen-Präsidentin Regula Rytz nutzte die Gelegenheit für einen Auftritt. Nach dem Umzug, an welchem gemäss Schätzung eines Keystone-SDA-Reporters vor Ort mehrere hundert Menschen teilnahmen, stellte sie in ihrer Rede die Klimadebatte ins Zentrum. "Wir brauchen einen Green New Deal, der in erneuerbare Energien, in neue Mobilitäts- und Gebäudetechnologie investiert", sagte sie auf dem Bundesplatz.
Dort ergriff auch Nationalrat Corrado Pardini (SP) das Wort - er sprach die Wahlen im Oktober an: "Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es ein Parlament für die Herausforderungen der 2020er-Jahre wird", sagte er. "Ein Parlament, das die Zerstörung beendet und die soziale Frage wieder ins Zentrum stellt." Mit dem ökosozialen Umbau und der Sicherung der Sozialwerke - insbesondere der AHV - habe das Parlament zwei epochale Aufgaben vor sich.
In Basel hatte sich dem offiziellen 1.-Mai-Umzug kurzzeitig eine Gruppe von rund hundert Unia-Oppositionellen in den Weg gestellt. Sie kritisierte die Unia-Leitung mit einem grossen Transparent. Dies, nachdem es in den vergangenen Wochen in verschiedenen Regionen Kritik an der Leitung gegeben hatte - unter anderem wegen angeblich schlechten Umgangs mit Unia-Mitarbeitenden.
Im offiziellen Umzug liefen laut einem Agenturmitarbeiter rund 2000 Personen mit, darunter auch Feministinnen, eine Gruppe schwarz gekleideter Personen und weitere Gruppierungen.
Auch in der Westschweiz und im Tessin gab es Anlässe. Am Umzug in Genf nahmen beispielsweise rund 2500 Personen teil. Landesweit wurde mit Musik, Podien und Festwirtschaften gefeiert. Die 1.-Mai-Feiern dauern teilweise bis in die späten Abendstunden.
Hier können Sie den Liveticker nachlesen: