Die Schweiz und ihre Produkte sind noch immer hoch im Kurs. Doch Deutschland jagt uns den Spitzenrang ab. Wie weiter?
Bankskandale und Masseneinwanderungsinitiative haben am Image der Schweiz gekratzt. Zwar sind unsere Produkte und Dienstleistungen im Ausland immer noch sehr beliebt und viele Besucher sind bereit, für diese tiefer in die Tasche zu greifen als für vergleichbare Güter mit anderer Herkunft.
Gleichzeitig aber hat die Marke Schweiz einen empfindlichen Dämpfer erlitten, wie die Studie «Swissness Worldwide 2016» der Universität St. Gallen, der htp St. Gallen Managementberatung AG und der Zürcher Werbeagentur Jung von Matt/Limmat zeigt: Produkte und Dienstleistungen «Made in Germany» sind erstmals beliebter als ihre Schweizer Pendants – und das trotz VW-Skandal. Zwar nur ganz knapp, aber: Wir sind nicht mehr die Nummer 1!
Kein Grund für Alarmismus, aber trotzdem eine ernst zu nehmende Veränderung der internationalen Gemütslage. Wie sich zeigt, variiert das Bild der Schweiz und damit die Zahlungsbereitschaft für Schweizer Produkte und Dienstleistungen aber sehr stark – je nach Herkunft der in der Studie Befragten. So kommen die grössten Fans der Marke Schweiz aus der Schweiz selbst und aus den Schwellenländern China, Brasilien, Indien und Russland. Weniger Schweiz-affin dagegen sind die Spanier, die Österreicher, Briten und die US-Amerikaner.
Wie die Befragung von 7914 Personen aus 15 Ländern auch zeigt, kommt es auch stark darauf an, um welches Produkt es sich handelt: So akzeptieren die Befragten bei Luxusuhren einen Schweiz-Aufschlag von über 100 Prozent, bei Käse und Kosmetikartikel sind sie bereit, die Hälfte mehr zu zahlen und bei Skiferien immerhin noch um 7 Prozent.
Über die sieben untersuchten Produktegruppen hinweg erreichten Hersteller für Schweizer Produkte einen Preisaufschlag von 40 Prozent, wobei Luxusgüter mit einem Plus von 100 Prozent die Rangliste anführen. Konsumgüter erreichen noch Aufschläge zwischen 5 und 20 Prozent. Bei Produkten, die einem starken Preisdruck ausgesetzt sind wie Flugtickets oder Datenspeicherung, betrugen die Preisvorteile noch 1 bis 3 Prozent.
Um welchen Gesamtbetrag die Marke Schweiz die Preise erhöht, haben die Studienverfasser nicht berechnet. Die eruierten Preiseffekte liessen jedoch vermuten, dass der volkswirtschaftliche Wert der Marke höher als die bislang geschätzten 5,8 Milliarden Franken liege, sagte Stephan Feige von htp St. Gallen bei der Präsentation der Studie am Donnerstag in Zürich.
Die bisherige Schätzung stammt dabei vom Bund, der diese anlässlich der Swissness-Vorlage publiziert hat. Sie geht von einem nur halb so hohen durchschnittlichen Preisaufschlag aus wie die St. Galler Studie (20 Prozent statt 40 Prozent).
Mit Daten der WEMF AG für Werbemedienforschung und einer Umfrage bei 200 Schweizer Unternehmen haben die Studienautoren auch den Blick des Inlandes auf die Swissness untersucht. Das Hauptresultat bei den Schweizer Konsumenten ist, dass sie ihre Vorliebe für Schweizer Produkte in den letzten Jahren leicht zugenommen hat. So hat sich der Anteil der Swissness-affinen Konsumenten seit 2013 um 3 Prozent auf 72 Prozent erhöht.
Das Resultat steht in scharfem Kontrast zum Einkaufstourismus, der in den letzten Jahren zu einem Rückgang beim Absatz von Schweizer Produkten geführt hat. Die Studie weist hier jedoch nach, dass es sich dabei nur um eine indirekte Verdrängung durch günstigere ausländische Produkte handelt. Vielmehr verursacht vor allem der Mitnahmeeffekt den Einbruch bei den Schweizer Produkten.
So fahren gemäss der Studie Schweizerinnen und Schweizer über die Grenze, um vor allem Importprodukte wie Kosmetika, Waschmittel, Schuhe und Kleider zu kaufen. Damit sich die Fahrt auch lohnt, kaufen sie dabei aber auch Lebensmittel ein. Schweizer Käse-, Gemüse- und Fleischproduzenten sind demnach auch die Leidtragenden überhöhter Importproduktpreise in der Schweiz. Studienmitautor Feige bezeichnete den Kollateralschaden als hoch. (sda/nch)