Kommunikationsexpertin Beatrice Tschanz über mögliche Ursachen für den Absturz.
Der Halifax-Absturz 1998 machte die Kommunikationschefin der Swissair zu einer der berühmtesten Frauen des Landes. Die Arbeit von Beatrice Tschanz (74) nach dem Unglück gilt bis heute als Meisterleistung der Krisenkommunikation. Nun spricht sie über das Unglück in Graubünden und erklärt, wie man mit einer solchen Tragödie umgeht.
Beatrice Tschanz: Diese Gespräche gehören zum Allerschwierigsten im Krisenmanagement. Besser als ein Telefonanruf ist natürlich ein persönliches Treffen. Wer das tun muss, ist nicht zu beneiden.
Das war auch beim Halifax-Absturz der Fall. Sie wissen, was eine solche Tragödie bei den Angehörigen auslösen kann: Die Reaktionen reichen von Trauer über Schock bis hin zur Wut. Es ist eine Gratwanderung zwischen Einfühlsamkeit und Sachlichkeit. Die Angehörigen müssen das Gefühl haben, dass jemand da ist, der ihnen auch zuhört. Grundsätzlich sind Fluggesellschaften heute aber besser auf Katastrophen vorbereitet als noch vor 20 Jahren.
Die Verantwortlichen haben sehr gut kommuniziert. Die Informationen kamen schnell und wurden sachlich dargelegt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass jemand etwas verheimlichen will.
Ja, das war absolut richtig. Nach so einem Unglück ist es pietätvoll, nicht einfach den gewohnten Betrieb aufrechtzuerhalten.
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Ich glaube nicht, dass es so lange dauern wird. Spekulationen gehören dazu, aber weil man weiss, dass der Flieger senkrecht zu Boden gestürzt ist, ist es naheliegend, dass ein Strömungsabriss die Ursache für das Unglück sein könnte. Man weiss, dass kein anderes Flugobjekt involviert war, man weiss, dass es kein Anschlag war. Auch einen Piloten-Selbstmord, wie es beim Absturz der Germanwings der Fall war, würde ich ausschliessen. Das schränkt Spekulationen sehr ein.
Ich denke nicht, dass man überhaupt Handys finden wird. Ein solcher Absturz pulverisiert geradezu alle Gegenstände. Ausserdem muss der Absturz schnell passiert sein, ob da jemand gefilmt hat oder überhaupt sein Handy angestellt war, bezweifle ich.
Das Schöne an den Ju-Maschinen ist doch, dass es wunderbar alte Flieger sind, die hervorragend gewartet werden. Aber natürlich hätte eine Blackbox helfen können.
Ja, sie ist sehr anspruchsvoll, es braucht gute Piloten mit viel Erfahrung. Aber die hatten die zwei im Cockpit eigentlich. Man muss aufpassen, dass man aufgrund dieses tragischen Ereignisses nicht alles infrage stellt. Die Ju-52 ist jahrelang absolut sicher geflogen. Aber wenige Tage danach bin auch ich eher vorsichtig. Man muss erst mal alles aufarbeiten.
Ehrlicherweise nicht.
Ja, die Ju-Air wird wieder fliegen. Die Firma hat eine Existenzberechtigung. Natürlich ist es für die Ju-Air auch wirtschaftlich schmerzlich, da eine Maschine wegfällt, die man nicht einfach ersetzen kann. Aber das Konzept der Rundflüge ist sehr beliebt. Ju-Air war über Jahre erfolgreich – und das wird sie wieder werden. Derzeit ist es aber der falsche Zeitpunkt, um solche Flüge zu propagieren, trotzdem wird die Vereinigung sicher überleben.
Das ist 20 Jahre her und deshalb nicht mehr so präsent. Aber immer wenn ein Flugzeug abstürzt, kommen mir all die Szenen wieder in den Sinn.
Neben der Benachrichtigung der Angehörigen war der mediale Druck extrem hoch. Wir hatten damals über Wochen die wildesten Spekulationen und mussten ständig und schnell kommunizieren. Gut, das gilt auch heute, aber durch die sozialen Kanäle hat man heute andere Möglichkeiten, die Menschen zu erreichen.
Ich habe selbst einmal eine Notlandung in Argentinien erlebt. Das war nicht sehr gemütlich, weil wir auf einem Acker landen mussten. Da hatte ich schon Bammel. Ich blieb total konzentriert und habe mir einfach immer gesagt «Es kommt gut, es kommt gut». Trotz des Erlebnisses habe ich bis heute keine Angst vor dem Fliegen.