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Der Parteileitungsausschuss der SVP hat heute Marco Chiesa als einzigen Kandidaten fürs Parteipräsidium nominiert. Für das Amt soll es weiterhin keinen Lohn, aber eine «angemessene Spesenpauschale» geben. Die Zürcher SVP und ihr Kandidat Alfred Heer könnten Chiesas Durchmarsch verhindern.
Ihn hatte die Findungskommission der SVP am vergangenen Donnerstagabend überraschend aus dem Hut gezaubert: Der im Oktober in den Ständerat gewählte Tessiner Marco Chiesa (45) soll auf Albert Rösti als Parteipräsident folgen. Und er soll der Delegiertenversammlung vom 22. August als einziger Kandidat vorgeschlagen werden. Eine überraschende Nomination: Nördlich des Gotthards ist Chiesa wenig bekannt. Diesem Vorschlag ist der Parteileitungssauschuss der SVP an seiner Sitzung am Montag gefolgt.
Auf Chiesa soll der Luzerner Nationalrat Franz Grüter als Vizepräsident folgen und in den Parteileitungsausschuss aufrücken. Und den aus dem Gremium ausscheidenden alt Nationalrat Adrian Amstutz soll der Thurgauer Nationalrat Manuel Strupler ersetzen.
Mit Chiesas Einerkandidatur haben Findungskommission und Parteileitung jene zwei Männer vor den Kopf gestossen, die als einzige innerhalb der von der Kommission selbst gesetzten Meldefrist eine offizielle Kandidatur eingereicht hatten: die Nationalräte Andreas Glarner (58, AG) und Alfred Heer (59, ZH).
Glarner gab noch am Donnerstagabend als Reaktion auf Chiesas Nominierung den Rückzug seiner Kandidatur bekannt. Heer schweigt seither. Auf Anfrage erklärt Benjamin Fischer, Parteipräsident der SVP des Kantons Zürich: «Es ist an Alfred Heer zu entscheiden, ob er seine Kandidatur aufrecht erhalten oder zurückziehen will. Die Kantonalpartei unterstützt ihn selbstverständlich weiterhin, schliesslich ist er unser offizieller Kandidat.» Eine Auswahl von zwei Kandidaten an der Delegiertenversammlung wäre begrüssenswert.
Mit der Nominierung Chiesas ist auch die Frage der Entschädigung fürs Präsidentenamt wieder in den Vordergrund gerückt. Seit 2009 erhält der SVP-Präsident keine Entschädigung mehr, davor betrug sie 50'000 Franken im Jahr. Allerdings werden Spesen zurückerstattet. Bei Albert Rösti betrugen diese im vergangenen Jahr 15'000 Franken.
Chiesa war dieser Regelung gegenüber kritisch eingestellt. Den Tamedia-Zeitungen sagte er, er sei schon «immer dafür» gewesen, dass der SVP-Präsident entschädigt wird. Ansonsten würden «nur reiche Kandidaten» in Frage kommen als Parteipräsident. «Und wir sind ja keine Partei der Elite, sondern des Volkes», so Chiesa. Die Entscheidung über den Lohn und dessen Höhe liege jedoch bei der Parteileitung. Eine konkrete Forderung stelle er nicht, präzisierte Chiesa gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.
Am Montagabend gab der Parteileitungsausschuss bekannt, dass er einstimmig beschlossen habe, dass der neue Präsident weiterhin keinen Lohn erhalte. Allerdings soll es eine «angemessene Spesenpauschale» geben. Wie hoch diese ausfällt, teilte die Parteileitung nicht mit.
Verständnis für Chiesas Wunsch nach mehr Lohn hatte am Wochenende der Waadtländer Nationalrat Jean-Pierre Grin gezeigt, Mitglied der Findungskommission. Gegenüber «Le Matin Dimanche» sagte Grin, die SVP müsse sich bei der Entschädigung «dem annähern, was SP und FDP ihren Präsidenten bezahlen, nämlich 50'000 bis 70'000 Franken».
Eine kreative Idee, woher das Geld stammen könnte, präsentiert das welsche Sonntagsblatt gleich selber: Möglicherweise könnte die Lohnerhöhung mit dem von SVP-Doyen Christoph Blocher nachträglich eingeforderten bundesrätlichen Ruhegehalt finanziert werden.
Im Vergleich zu den anderen Parteien entschädigt die SVP ihren Parteipräsidenten tatsächlich nur bescheiden, wie der Blick auf folgende Tabelle zeigt.
Der zurücktretende SP-Präsident, Christian Levrat, erhält insgesamt 60'000 Franken im Jahr. Er ist damit der bestbezahlte Parteipräsident. FDP und CVP entschädigen ihre Vorsitzenden mit rund 50'000 Franken, die Grünen bezahlen 28'000 Franken, die BDP 10'000 Franken. Ganz leer geht Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen aus: Er erhält weder Spesen noch eine Entschädigung.