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Schweiz
In der SRF-«Arena» ging es drei Wochen vor der US-Wahl um den Politikstil von Donald Trump. Zwei Jungpolitiker erklärten dabei, wieso sie auch mal provozieren.
Kein Rahmenvertrag, kein Corona und nichts aus den Politmühlen der Schweiz: Das SRF-«Arena»-Team um Sandro Brotz wagte sich am Freitag für die allwöchentliche Diskussionssendung an ein Thema, das zwar in aller Munde ist – aber sich weder zeitlich, noch geografisch aufdrängte. Es ging um den US-Präsidenten Donald Trump und die Frage, was sein Politstil mit der Schweiz zu tun hat.
Brotz versuchte fast alles, um dem Freitagabend-Publikum vor dem Fernseher eine Diskussion zu bieten, von der man etwas Inhaltliches mitnehmen kann. Er verzichtete auf eine Aufzeichnung der Sendung – sie wurde ausnahmsweise live ausgestrahlt. Und er liess sich gar mit Trump-Maske filmen, um auf Twitter und Co. nach Zuschauer-Stimmen zu suchen.
Unser Thema in der #srfarena: „Wie viel Trump steckt in der Schweizer Politik?“. Am Freitag live in der Sendung mitdiskutieren: arena@srf.ch 👇🏻 pic.twitter.com/GGWf6WNRzV
— Sandro Brotz (@SandroBrotz) October 7, 2020
Gekommen sind dann auch zwei Herren aus dem Volk (dazu aber später). Die Kamera richtete sich in den 75 Minuten vor allem auf die vier eingeladenen Gäste; auf Brotz' rechter Seite standen der Zürcher SVP-Präsident Benjamin Fischer und der ehemalige «BaZ»-Journalist Markus Somm. Links von ihnen waren CVP-Nationalrätin Marianne Binder und SP-Nationalrat Fabian Molina.
Zu Beginn der Sendung wurden Meinungen ausgetauscht, die fast einem Konsens glichen. Ja, Trump sei bizarr, hörte man. Die Rolle der Medien wurde angesprochen und man einigte sich darauf, dass Trumps «Show» Mittel zum Zweck sei und die politischen Inhalte dahinter viel wichtiger seien. Die Meinungsäusserungen, die danach kamen, boten dem Publikum einen ungewohnt transparenten Einblick in die Mechanismen, wie Parteien Meinungen machen wollen.
Das hatte auch mit den beiden Gästen Fischer und Molina zu tun. Sie beide waren in früheren Jahren Chefs der Jungparteien JSVP und Juso und konnten nüchtern eigene Provokationen reflektieren und erklären.
Beispielhaft dafür war das Eins-zu-eins-Gespräch zwischen Molina und Brotz. Der Ex-Juso Molina verneinte, dass er Provokationen von damals heute wiederholen würde: «Ja wissen Sie, ich wurde heuer 30 Jahre alt. Da wird man vielleicht ein bisschen bequem dafür.» Ziemlich rasch gab er dann aber ehrlich zu, dass es um die «Message» gehe. Um diese rüber zu bringen, müsse man auch provozieren.
Einen ähnlich transparenten Einblick in die politische Arbeit gab's auch von Ex-JSVPler Fischer. Er bezeichnete die Provokation als «Träger» der politischen Botschaft. Das umstrittene Wurm-Wahlplakat der SVP fand er zwar nicht so gut.
Dieses habe aber den provokativen Zweck erfüllt: «Man schrieb, dass SVPler irgendwelche Sauhunde sind. Unten dran konnte Albert Rösti aber unsere Positionen klarstellen.» Das sei halt wie in der Wirtschaft: Auch das beste Produkt bringe nichts, wenn man es nicht an den «Mann» bringen könne.
Auffällig war auch die Rolle des dritten Mannes in der Runde. Markus Somm, der zwar FDP-Mitglied ist, präsentierte sich einmal mehr als Trump-Erklärer und Politanalyst mit Nähe zur SVP. In dieser Eigenschaft tendierte der Journalist jedoch mehr zum Politaktivisten.
So behauptete er, Trumps Politik sei viel beliebter als man denke. Die US-Demokraten schimpfte er als «linker als die Juso», das werde sich auch beim Mittepolitiker Joe Biden auswirken. Zur verbalen «Arschlan»-Entgleisung von Andreas Glarner lieferte Somm zudem nur ein paar milde kritische und verständnisvolle Worte. Rhetorisch geschickt drehte er in Sekundenschnelle den Spiess um, und bombardierte ohne gegebenen Anlass Molinas Partei und die US-Demokraten mit Pauschalkritik.
Unter Somms Räder kam auch CVP-Nationalrätin Binder. Sie sorgte für Gelächter im Studio, als sie den schweizerischen Bezug einer Umfrage anzweifelte, in der ein hohes Misstrauen der Bevölkerung in Politikerinnen und Politiker attestiert wurde.
Binder konnte sich noch retten, in dem sie daran erinnerte, dass das Volk gleichzeitig auch ein hohes Vertrauen in die politischen Institutionen hätte. Dies hätte damit zu tun, dass die Schweiz keine Regierungs- und Oppositions-Demokratie sei.
Das Volk, repräsentiert von zwei älteren Herren im Publikum, durfte sich zu dieser Diskussion selbstverständlich auch äussern. Von den beiden Herren fiel vor allem Hans Säuberli, ehemaliger Arzt mit Jahrgang 1938, auf. Er erklärte, dass er Trump in den ersten beiden Amtsjahren stets befürwortet und verteidigt habe. Das habe sich aber nun geändert. Säuberlis Grund: «Führungsqualitäten zeigen sich nicht im courant normal, sondern in der Krise.»