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Schweiz
Seine Amokfahrt an der Langstrasse mit einem Toten und vier Schwerverletzten brockte einem Verkäufer aus Schönenwerd 15 Jahre Haft ein. Nun hat das Zürcher Obergericht die Strafe jedoch halbiert.
Das Zürcher Obergericht hat eine erstinstanzliche 15-jährige Freiheitsstrafe gegen einen heute 28-jährigen Verkäufer aus Schönenwerd auf siebeneinhalb Jahre halbiert. So haben die Oberrichter die Amokfahrt an der Langstrasse mit einem Toten und vier teilweise Schwerletzten zwar bestätigt, die vorherigen Sexualdelikte zu Lasten einer Brasilianerin neu als nicht erwiesen eingestuft.
Es war Ende März 2014, als das Bezirksgericht Zürich den heute 28-jährigen Schweizer Beschuldigten wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung, versuchter schwerer Körperverletzung, fahrlässiger Tötung, fahrlässig schwerer Körperverletzung sowie weiteren Nebendelikten anklagegemäss zu einer hohen Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilte.
Das Bezirksgericht sah es als erwiesen an, dass der Beschuldigte in der Nacht auf den 10. Februar 2012 im Zürcher Rotlicht-Milieu eine brasilianische Prostituierte mit einer Stahlrute brutal geschlagen und wiederholt vergewaltigt hatte. Danach setzt er sich in einen Personenwagen und krachte auf der Langstrasse im Rahmen einer Amokfahrt vor der Lambada-Bar in eine Gruppe von fünf Personen.
Ein 39-jähriger Mann verlor aufgrund eines schweren Schädelhirntraumas das Leben. Vier weitere Geschädigte erlitten teilweise schwere Verletzungen.
Wende am Obergericht
Am Dienstag kam es vor dem Obergericht zu einer bedeutenden Wendung. Dafür war vor allem die unmittelbare Zeugenaussage des brasilianischen Vergewaltigungsopfers verantwortlich. So hinterliess die heute 41-jährige Barmaid vor Obergericht einen insgesamt schlechten Eindruck. Sie verwickelte sich während der richterlichen Befragung in zahlreiche Widersprüche und leistete damit der Version des nur teilgeständigen Beschuldigten Vorschub.
Während die Geschädigte behauptet hatte, dass sie schon auf der offenen Strasse vom Beschuldigten mit einer Stahlrute geschlagen und danach verschleppt sowie in einem Zimmer mehrfach vergewaltigt worden sei, hatte der Angeschuldigte erklärt, dass es erst nach dem einvernehmlichen und käuflichen Geschlechtsverkehr zu einem Streit wegen des Preises gekommen sei. Dabei habe er der Angreiferin einen Schlagstock entwendet und damit auf sie eingeschlagen.
5000 Franken Schmerzensgeld
Bei der Zeugenaussage behauptete die Geschädigte zudem steif und fest, dass sie sich nicht als Prostituierte betätigt habe - für das Obergericht in unglaubhafter Weise. Das Gericht sah zum Schluss aufgrund des Verletzungsbildes nur die Schläge mit einem Schlagstock und damit eine versuchte schwere Körperverletzung als erwiesen an, nicht aber die eingeklagten Vergewaltigungen oder sexuelle Nötigungen.
Dies führte zu gewichtigen Teilfreisprüchen von den Sexualdelikten sowie zu einer Strafreduktion von siebeneinhalb Jahren. Zudem soll der Beschuldige der Brasilianerin nur noch ein Schmerzensgeld von 5000 Franken statt 13 000 Franken bezahlen. Beide Parteien können den jüngsten Entscheid weiterziehen.