Der Binninger Einwohnerrat kritisierte den Gemeinderat heftig: Es sei frech und trotzig, dass dieser einen Leistungsabbau bei der Stiftung Kinderbetreuung hinnehmen wolle.
Andreas Maurer
Normalerweise locken Binninger Einwohnerratssitzungen kaum Zuhörer an. Die emotionale Debatte über die Zukunft der familienexternen Kinderbetreuung sorgte für eine Ausnahme: Besorgte Eltern füllten die Zuschauerreihen. Am Schluss dankten sie ihren Parlamentariern mit Applaus. Ausser der FDP-Fraktion stimmten alle Einwohnerräte in ihrem Sinn.
Mit 25 zu 9 Stimmen beauftragte der Einwohnerrat den Gemeinderat, Folgendes sicherzustellen: Die Stiftung Kinderbetreuung soll das bestehende subventionierte Betreuungsangebot für Kindergarten- und Primarschulkinder bis zwölf Jahre weiterhin im gleichen Umfang anbieten. Das betrifft die «Rösslirytti», die Tagesfamilie und das Tagesheim.
Andere Pläne gehegt
Die Stiftung Kinderbetreuung hatte andere Pläne: Sie beabsichtigte, diese Angebote nicht mehr für Kindergarten- und Primarschulkinder anzubieten. Geplant war, dass sich die Stiftung stärker auf jüngere Kinder konzentriert. Damit sollten die Wartezeiten für Vorschulkinder abgebaut werden. Kindergarten und Primarschule hätten dann die älteren Kinder betreut.
Ausser der FDP und den Grünliberalen kritisierten alle Binninger Parteien diese Absicht mit einer gemeinsamen Motion: «Für die betroffenen Eltern und Kinder würde dies einen massiven Leistungsabbau bedeuten.» Die berufstätigen Eltern stünden vor grossen Problemen: Zentrale Bereiche einer umfassenden Kinderbetreuung wie die Ferienbetreuung, die Betreuung vor Unterrichtsbeginn und die Wegbegleitung für Kindergartenkinder würden wegfallen.
Der Gemeinderat widersprach dem nicht. In seiner schriftlichen Antwort argumentierte er, dass der Einwohnerrat dafür mit früheren Beschlüssen verantwortlich sei: «Den Leistungsabbau für Kinder, die in den Kindergarten übertreten, hat der Einwohnerrat bewusst beschlossen.» Wegen dieses Satzes prasselte von Einwohnerräten aller Parteien harsche Kritik auf den Gemeinderat nieder.
Wie gewohnt schimpfte SVP-Einwohnerrat Urs-Peter Moos am lautesten: «Diese Unterstellung ist trotzig und frech und trifft klar nicht zu.» Für einmal widersprachen ihm seine politischen Gegner nicht. SP-Einwohnerrätin Verena Dubi merkte aber an, dass nicht nur der Gemeinderat für diese Misere verantwortlich sei, sondern auch bürgerliche Einwohnerräte: «Wir Linken haben schon immer vor diesen Problemen gewarnt.»
Obwohl auch die FDP den Gemeinderat kritisierte, stimmte sie in dessen Sinn gegen die Überweisung der Motion. «Sie zementiert den heutigen Zustand. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass Vorschul- und Schulbetreuung getrennt werden sollten», begründete FDP-Einwohnerrätin Claudia Fünfschilling. Die Betreuung durch die Stiftung sei ein Nischen- und Luxusangebot. Stattdessen sollte die Betreuung durch die Schule ausgebaut werden, forderte die FDP.
Der Gemeinderat empfahl die Motion zur Ablehnung, weil noch vieles offen sei: Unter anderem hätte er das bevorstehende Abstimmungswochenende abwarten wollen. Die Binninger entscheiden dann, ob in zwei Schulhäusern eine freiwillige Nachmittagsbetreuung eingeführt werden soll. Der Einwohnerrat wollte die Diskussion deswegen aber nicht vertagen.
Die Weiterführung des bestehenden Angebots der Stiftung Kinderbetreuung bezeichneten die Parlamentarier als Sofortmassnahme und Übergangslösung. Diese sei nicht in Stein gemeisselt, wurde mehrmals betont.