Die neue Spitalfinanzierung wird die öffentliche Hand im Aargau nach neusten, dieser Zeitung vorliegenden Zahlen mit 200 Millionen Franken jährlich zusätzlich belasten. Das ist dreimal so viel, wie ursprünglich erwartet.
Mathias Küng
Das Eidgenössische Parlament hat 2007 im Rahmen einer Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) Beschlüsse gefasst, die für die Kantone weitreichende finanzielle Konsequenzen haben. Umgesetzt werden muss die neue Spitalfinanzierung per 1. Januar 2012. Nun kommen im Gesundheitsbereich an mehreren Orten höhere Kosten auf Kanton und Gemeinden zu. Nachfolgend ist nur die Rede von den durch die jüngste KVG-Revision ausgelösten, jährlich wiederkehrenden Mehrkosten in der Pflege- und Spitalfinanzierung - basierend auf dem heutigen Mengengerüst.
Noch unter Gesundheitsdirektor Ernst Hasler rechnete man mit Zusatzkosten von rund 70 Millionen Franken. Im vergangenen Frühsommer meldeten wir aufgrund des damaligen, bereits besseren Wissensstandes, dass es doppelt so teuer kommen werde. Inzwischen ist die Planungssicherheit beim Kanton weiter gestiegen. Leider auch die Kostenerwartung. Jetzt rechnet man mit rund dreimal so viel Mehrkosten wie noch unter Hasler: Statt mit 70 mit 200 Millionen Franken.
Akutbereich: plus 100 Millionen
Doch woher kommen die? Laut Urs Niffeler, Leiter Controlling/Planung im Bereich Gesundheitsversorgung des Departements Hochuli, löst die Aufnahme der Privatspitäler auf die Spitallisten ab 2012 den grössten Teilkostenschub aus: Plus 85 Millionen Franken. Neu muss der Kanton auch die Kosten von Patienten übernehmen, die sich in einem ausserkantonalen Spital behandeln lassen. Dafür brauchte man bisher eine Zusatzversicherung. Anzumerken ist, dass ausserkantonale Behandlungen nicht höher vergütet werden, als wenn man sich im Aargau behandeln lässt. Dies schenkt künftig mit 10 Millionen Franken ein. Der gesamte Akutbereich steht somit zusammengezählt vor Mehrkosten für die öffentliche Hand von knapp 100 Millionen Franken.
Anzufügen ist, dass der Entscheid über die «base rate», die so genannte Fallpreispauschale, noch aussteht. Auch bei der Entwicklung der Fallzahlen und der Fallschwere sowie der Definition des Fallgewichts gibt es noch Unsicherheiten. Urs Niffeler rechnet aber damit, dass die heutigen Berechnungen nur noch eine Unsicherheit von 10 Prozent aufweisen - nach oben und nach unten.
Teurer auch bei Rehabilitation
Es kommen weitere neue Kosten dazu: Die Rehabilitation lief bisher wie ausserkantonale Behandlungen über den Zusatzversicherungsbereich. Hier rechnet der Kanton aufgrund der KVG-Entscheide des Parlaments für inner- und ausserkantonale Rehabilitation mit Zusatzkosten von 38 Millionen Franken.
Die innerkantonale Psychiatrie lief bisher schon über den Kanton. Doch ausserkantonal erwartet man hier in Aarau gemäss neuem Regime gut 10 Millionen Franken Mehrkosten.
Schliesslich und endlich wird die öffentliche Hand im stationären Langzeitbereich, wo die Versicherer heute schon keine kostendeckenden Tarife zahlen, die so genannten Restkosten übernehmen müssen. Das dürfte 2012 mit rund 46 Millionen Franken einschenken. Alles zusammen kommt man so auf knapp 200 Millionen Franken Mehrkosten. Entlastet werden dadurch, vom Parlament gewollt, die Krankenversicherer.
Wirklich «nur» 200 Millionen?
Doch reicht das wirklich? Im Kanton werden bereits deutlich höhere Zahlen herumgeboten. Da ist die Rede von sogar 260 Millionen Franken Mehrkosten. DGS-Kommunikationschef Balz Bruder differenziert: Auf gegen 260 Millionen komme man, wenn man unter anderem Teuerung, Mengenausweitung und das Steigen des durchschnittlichen Fallkostengewichts in der Akutversorgung einbeziehe.