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Nach dem historischen Entscheid zum Kantonswechsel steht die Stadt Moutier vor einer Phase der Unsicherheit. Zu regeln gilt es in den nun nötigen Verhandlungen zwischen den beiden Kantonen Bern und Jura die Zukunft des Spitals, der Schulen und der Verwaltungsgebäude. Auch der Regierungsstatthalter Berner Jura muss sich mit der Moutier-Abstimmung befassen. Ihm liegen insgesamt vier Rekurse vor.
Der Kanton Bern besitzt in Moutier Liegenschaften mit einem geschätzten Gebäudeversicherungswert von 47,5 Mio. Franken. Wie dieser Besitz in den Kanton Jura übergehen soll, muss im interkantonalen Konkordat zur Abwicklung des Kantonswechsels von Moutier geregelt werden, auf dessen Abschluss sich die beiden Kantone verpflichtet haben
Zu den Liegenschaften des Kantons Bern gehört ein Polizeigebäude, die Staatsanwaltschaft, Gebäude der Wasser- und Abwasserversorgung, die Steuerverwaltung, das Regionalgefängnis, das Gericht sowie das Berufsbildungszentrum des französischsprachigen Teils des Kantons Bern (Ceff).
Auch gehören dem Kanton Bern auf Gebiet von Moutier 8,7 Kilometer Staatsstrassen. "Der Kanton Bern wird sich in den Verhandlungen loyal, aber auch entschlossen verhalten", sagte schon am Sonntagabend an der Medienkonferenz der Kantonsregierung in Moutier der Berner Regierungsrat Pierre Alain Schnegg.
Erst mittelfristig werden die Grenzen der Kantone Bern und Jura neu gezogen: Erstens gilt es noch die Abstimmungen über die Kantonszugehörigkeit der Kleingemeinden Belprahon und Sorvilier im September abzuwarten. Zweitens muss danach der Prozess für den Kantonswechsel von einer bis drei Gemeinden ausgelöst werden.
Allgemein geht man davon aus, dass Moutier und allenfalls die anderen beiden Gemeinden Anfang 2021 zum Kanton Jura wechseln könnte.
Schon vor dem Kantonswechsel von Moutier wird auf bernischer Seite zu definieren sein, welche bernjurassischen Gemeinden jene Dienste "erben", welche in Moutier verloren gehen.
Die Berner Kantonsregierung will ein Gezerre verhindern. Nach dem Weggang von Moutier wird St-Imier die grösste Ortschaft des Berner Juras mit etwas mehr als 5000 Einwohnern. Moutier zählt 7700. Sobald Moutier jurassisch wird, verliert der Berner Jura ungefähr vierzehn Prozent seiner Bevölkerung.
Am 1. Januar 2016 beschäftigte die Berner Kantonsverwaltung in Moutier 378 Personen, davon 183 Lehrerinnen und Lehrer. Ihnen garantiert der Kanton Jura eine Stelle.
In Moutier stehen auch zwei Schulen der Sekundarstufe II: eine dezentralisierte Abteilung des Gymnasiums Biel sowie zwei dem Ceff zugehörige Institutionen. Sie zählen total 680 Schülerinnen und Schüler. Laut Michel Walthert, dem Vizekanzler des Kantons Bern, wird es nun am Ceff sein, über seine Zukunft nachzudenken.
Am Spital von Moutier arbeiteten Anfang des vergangenen Jahres 386 Menschen. Es bildet zusammen mit jenem von St-Imier die Hôpital du Jura bernois SA. Moutiers Spitaldirektor Dominique Sartori sagte am Montag, das Personal müsse nun rasch Sicherheit erhalten.
Laut dem Verwaltungsratspräsidenten der Hôpital du Jura bernois SA, Anthony Picard, wäre auf lange Sicht eine kantonsübergreifende Spitalplanung im ganzen Jurabogen sinnvoll.
Zu Wort meldeten sich am Montag auch die Berner Kantonalbank (BEKB) und die Jurassische Kantonalbank (BCJ). Die BEKB wird in Moutier bleiben, die BCJ will in der südjurassischen Ortschaft eine Niederlassung eröffnen. Die BEKB schreibt, sie betreibe heute schon ausserkantonal - im Kanton Solothurn - vier Niederlassungen.
Dem Regierungsstatthalter Berner Jura liegen im Zusammenhang mit der Moutier-Abstimmung ingesamt vier Rekurse vor.
Drei von ihnen wurden bereits vor dem Urnengang von probernischen Komitees eingereicht. Ein vierter kam am Montag hinzu, wie Stéphanie Niederhauser vom Regierungsstatthalteramt auf Anfrage sagte.
Sie machte keine näheren Angaben über den Inhalt des Rekurses. In den ersten drei Fällen ging es etwa um Vorwürfe, wonach Abstimmungscouverts aus Altersheimen mitgenommen wurden. Auch sollen Verstorbene die Abstimmungsunterlagen erhalten haben.
Die Prüfung der Rekurse werde im besten Fall zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen, sagte Niederhauser. Normalerweise brauche man aber länger.
Der Statthalter hatte letzte Woche die Staatsanwaltschaft darüber informiert, dass der Vorwurf der Wahlfälschung erhoben worden sei. Sollte sich dies erhärten, würde es ein strafrechtliches Verfahren nach sich ziehen.