FDP-Präsidium
Skeptische Romands: Müller muss sich mässigen

Trotz Bedenken aus der Westschweiz ist der Aargauer Nationalrat Philipp Müller schon so gut wie gewählt als neuer FDP-Präsident. Der Auserkorene scheint sich aber bewusst zu sein, dass er in gewissen Kantonen noch Überzeugungsarbeit leisten muss.

Lorenz Honegger
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So lernte die Schweiz ihn kennen: Philipp Müller als Vater der 18-Prozent-Initiative im Jahr 2000

So lernte die Schweiz ihn kennen: Philipp Müller als Vater der 18-Prozent-Initiative im Jahr 2000

Sigi Tischler/Keystone

Nationalrat Philipp Müller erfuhr gestern Morgen per SMS, dass er neuer Präsident der FDP wird. Sein einziger Konkurrent im Rennen um das Parteipräsidium, der Glarner Ständerat Pankraz Freitag, liess ihn wissen, dass er sich «aus persönlichen Gründen» zurückziehe. Damit ist die Wahl des Reinachers als Nachfolger von Noch-Parteipräsident Fulvio Pelli an der Delegiertenversammlung vom 21. April nur noch Formsache.

Etliche Westschweizer FDP-Kantonalsektionen und Parlamentarier nahmen die Nachricht von Freitags Rückzug mit Skepsis auf. Denn in der Romandie wird Müllers Name heute noch mit der 18-Prozent-Initiative in Verbindung gebracht. Obschon das Begehren im Jahr 2000 an der Urne abgelehnt wurde, haben viele Romands Mühe mit dem Gedanken, dass der Urheber der Initiative nun den Freisinn in die Zukunft führen soll. Auch seine jüngeren Äusserungen in der Migrationspolitik handelten ihm auf der anderen Seite des Röstigrabens den Ruf eines Freisinnigen ein, der gefährlich nahe am Parteiprogramm der SVP politisiert.

Nicht die eigene Meinung

Eine Chance als Parteipräsident wollen ihm die Westschweizer dennoch geben, aber nur unter klaren Bedingungen. «Von Philipp Müller erwarte ich, dass er als Präsident nicht seine eigene, sondern die Mehrheitsmeinung der Partei nach aussen kommuniziert», sagt der Neuenburger Ständerat Raphaël Comte. Dies gelte insbesondere für den Asyl- und Ausländerbereich.

Die Präsidentin der Waadtländer FDP, Catherine Labouchère, äussert sich ähnlich. «Jeder Parteipräsident muss sich anpassen. Müller muss garantieren können, dass er in gewissen Themenbereichen nicht seine persönliche Meinung vertritt», sagt Labouchère.

Bereits diese Woche haben die Freisinnigen aus der Westschweiz die Gelegenheit, den designierten Parteipräsidenten ins Kreuzverhör zu nehmen: Morgen trifft sich Müller mit den Parlamentariern der «Groupe Latin» und am Freitag wird er bei der Konferenz der kantonalen FDP-Parteipräsidenten vorsprechen.

«Es wird nicht gemütlich»

Der Auserkorene scheint sich bewusst zu sein, dass er in gewissen Kantonen noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten muss. «Es wird nicht gemütlich. Die FDP hat kritische Parteigremien», sagt Müller der az. «Ich gehe jetzt aber auch nicht auf Schmusekurs, das wäre unglaubwürdig. Ich will authentisch bleiben.»

Sofern Müller am 21. April die Wahl zum Parteipräsidenten schafft, will er als Erstes die Kommunikationsstrategie der FDP umkrempeln. «Wir müssen wieder mit mehr Emotionen politisieren.» Mit Ankündigungen wie dieser rennt er bei seinen Fraktionskollegen offene Türen ein. Für viele von ihnen war das verstaubte Image des Freisinns der Hauptgrund für die Verluste bei den Wahlen im Herbst. In Zukunft sollen laut Müller insbesondere die FDP-Vize-Präsidenten stärker öffentlich in Erscheinung treten. «Wir brauchen eine Spitzenmannschaft, die man vor die Fernsehkameras, ins Radio, zu den Zeitungen und den Ortsparteien schicken kann.» Am Personal wird er nicht scheitern: Derzeit interessieren sich laut der FDP-Findungskommission mindestens zehn Personen für einen Posten im Vize-Präsidium.