Hightech
Schweizer Armee kauft Drohnen von umstrittener israelischer Firma

Die Schweizer Armee kauft Hightech in Israel bei einer politisch wie wirtschaftlich umstrittenen Firma ein. Es stellt sich die Frage nach der Neutralität.

Christian Mensch
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Der «Orbiter2b» soll bei der Schweizer Armee ab 2021 zum Einsatz kommen.ho

Der «Orbiter2b» soll bei der Schweizer Armee ab 2021 zum Einsatz kommen.ho

Die Evaluation ist abgeschlossen, der Kaufentscheid für eine erste Tranche ist gefällt. Die Schweizer Armee beschafft für die Bodentruppen die Drohne «Orbiter 2b» des israelischen Rüstungsunternehmens Aeronautics Defense Systems (ADS). Dies bestätigt auf Anfrage ein Sprecher der Armasuisse, der Beschaffungsstelle des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).

Die Beschaffung ist Teil einer umfassenden Aufrüstaktion mit unbemannten Flugkörpern unterschiedlicher Grösse. Auf der Einkaufsliste stehen dabei vor allem israelische Produkte. Eine Ausnahme macht der Quadcopter «Indago 3» des US-Unternehmens Lockheed Martin, der ebenfalls für die Truppe erworben wird.

Der «Orbiter 2b», der sich in militärischen Tests gegen das polnische Modell «Fly Eye» durchsetzen konnte, soll eine «Fähigkeitslücke» in der Schweizer Armee schliessen. Denn ein wesentlicher Faktor beim Einsatz moderner Streitkräfte sei eine mobile, luftgestützte Bildaufklärung für die Bodentruppen, heisst es im Projektbericht 2017 des VBS. Wenig Übersicht scheinen die Beschaffer allerdings bei der Frage zu haben, wer die Drohne liefert.

Dabei ist die börsenkotierte Aeronautics nicht nur wirtschaftlichen Turbulenzen ausgesetzt, sondern steht auch unter politischer Beobachtung. Das israelische Verteidigungsministerium hat etwa im vergangenen Jahr eine Untersuchungen gegen die Firma eingeleitet wegen möglicher Umgehung von Exportvorschriften. Dies nachdem ADS in Aserbaidschan Drohnentests durchgeführt, dabei armenisches Gebiet beschossen und zwei Soldaten verletzt hatte. Seit ADS mit Burma geschäftet, stehe die Firma zudem auf einer Sanktionsliste der USA, schreibt das spezialisierte französische Online-Medium «Intelligence Online». ADS sei deshalb der Einbau von Komponenten mit US-Technologie untersagt.

Übernahmekampf

Die Untersuchungen schwächen die wirtschaftliche Basis der ADS, doch die hervorragenden Kontakte des Managements, nicht zuletzt zu arabischen Staaten der Golfregion, machen die Firma gleichermassen wieder interessant.

Im vergangenen Herbst hat der Technologiepartner Rafael, ein anderes israelisches High-Tech-Rüstungsunternehmen, der ADS ein Übernahmeangebot gemacht. ADS lehnte es als zu tief ab, vertiefte jedoch kürzlich mit Rafael die Zusammenarbeit. Politisch brisant wurde es kurz vor Weihnachten, als bei ADS die gänzlich unbekannte panamaische Firma ERJ-145 Nua Inc. als neuer 13-Prozent-Aktionär auftauchte. Dahinter steckte jedoch nicht wie zunächst vermutet der brasilianische Flugzeugbauer Embraer, der einen Typ ERJ-145 vertreibt, sondern vielmehr der israelische Deal-Maker Aaron Frenkel.

Der Unternehmer Frenkel ist seit Recherchen dieser Zeitung auch in der Schweiz kein Unbekannter: In einer verdeckten Aktion hatte er die Altenrhein Aviation, ein Servicebetrieb für Kleinjets auf dem gleichnamigen Flughafen in der Ostschweiz, gekauft und war mit dieser Firma in eine Flugzeug-Beschaffungsaffäre in Polen verwickelt.

Frenkel, der mit Immobilien und Flugzeugdeals ein Grossvermögen verdient hat, gehört zum erweiterten Kreis Kreml-naher Oligarchen. Vor einem Jahr erhielt er aus Putins Hand einen «Friedensorden». Zu Frenkels Imperium gehört auch die Firma Uvision Air, die sich auf die Entwicklung von Kampfdrohnen spezialisiert hat. Sein Vorzeigeprodukt «Hero 30» wird als Mikro-Kamikaze-Drohne angepriesen. Internationale Beobachter gehen davon aus, dass Frenkel bei Aeronautics vor allem ein Geschäft sieht. Denn neuer Hauptbewerber für eine Übernahme der ADS ist nun gemäss bestätigten Gesprächen der Rüstungskonzern Israel Aerospace Industries (IAI). Damit gilt als wahrscheinlich, dass ADS – von Frenkel vermittelt – bald zum israelischen Staatskonzern gehört.

Frage nach der Neutralität

Im November hat die staatlich-schweizerische Waffenschmiede Ruag mit der politisch eher unverdächtigen israelischen Drohnenschmiede Elbit Systems ein Jointv Venture angekündigt. Doch schon diese Meldung verleitete SP-Nationalrat Fabio Molina (ZH) zu einer Anfrage an die Regierung, ob damit nicht eine Verletzung der schweizerischen Neutralität drohe. Die Antwort des Bundesrates steht noch aus.

Auf die Frage an die Armasuisse, was sie von den Vorgängen bei ihrem neu- en Drohnen-Lieferanten halte, erklärt diese unbekümmert: «Was die Veränderungen im Gesellschafterkreis bei der börsennotierten Aeronautics betrifft, haben wir keine Kenntnis.»