Bildung
Schulmeistereien im Parlament

Die erste bildungspolitische Debatte im Grossen Rat nach der Kleeblatt-Abstimmung mündete in ein kleines Misstrauensvotum gegenüber Bildungsdirektor Alex Hürzeler und der Regierung: ihre Reformvorschläge werden von verbindlichen Aufträgen des Parlaments begleitet.

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Urs Moser

Im Oktober skizzierte Regierungsrat Alex Hürzeler, wie es nach der verheerenden Kleeblatt-Abstimmung in Sachen Schulreformen weitergehen soll. «Die Stossrichtung entspricht weitgehend unseren Forderungen», konstatierte gestern FDP-Grossrat Uans Ulrich Bühler (Stein). Eine Motion, die einen Planungsbericht zur Weiterentwicklung der Volkschule verlangte, wurde daher zurückgezogen.

Klarer Auftrag für Tagesstrukturen

Nicht aber andere Vorstösse, die an sich ebenfalls offene Türen einrennen. So hatte die Regierung etwa angekündigt, losgelöst von den Bildungsreformen einen neuen Vorschlag für die flächendeckende Einführung von Tagesstrukturen im Rahmen einer Änderung des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes zu präsentieren. Genügt dem Parlament nicht. Entgegen dem Antrag der Regierung wurde ein FDP-Vorstoss, der die Einführung von Tagesstrukturen fordert, nicht in der unverbindlichen Postulatsform, sondern als Motion überwiesen. Das Anliegen dulde keinen Aufschub, erklärte etwa Kathrin Fricker (Grüne, Baden) ihren Support für die Freisinnigen beim Festhalten an der harten Linie. Darin schwang durchaus ein kleines Misstrauen gegenüber der Regierung mit, ob sie ihre Ankündigungen auch tatsächlich innert nützlicher Frist in die Tat umsetzt. Der Regierungsrat musste sich scharfe Kritik dafür gefallen lassen, dass er mehrere bildungspolitische Vorstösse pauschal mit dem Hinweis auf das Regierungsleitbild und den im Oktober aufgezeigten Weg zur Umwandlung in unverbindliche Postulate empfohlen hatte, ohne materiell darauf einzugehen. «So etwas sollten wir uns im Parlament nicht bieten lassen», empörte sich Thomas Leitch (SP, Wohlen). Auch den SP-Vorstoss zur Schaffung rechtlicher Grundlagen, die Kindergärtnern mit Entwicklungsdefiziten den Zugang zu heilpädagogischer Unterstützung sichern, wurde mit Unterstützung von CVP, FDP und Grünen in verbindlicher Motionsform überwiesen.

«Gescheitert, nicht Geschichte»

Das Ritual - Bildungsdirektor Hürzeler beschwor das Parlament vergeblich, den eingeleiteten Prozess nicht mit starren Vorgaben zu belasten - wiederholte sich auch bei der Motion der CVP/BDP-Fraktion, das Lernverbot im Kindergarten sei aus dem Schulgesetz zu streichen. Auch hier hatte Alex Hürzeler im Oktober bereits erklärt, dass der Verzicht auf die Basisstufe und ein Festhalten am Kindergarten nicht bedeute, dass begabte Kinder nicht bereits im Vorschulalter spielerisch an Lerninhalte herangeführt werden können. Dem Grossen Rat genügt die Ankündigung nicht, er doppelt mit einem Gesetzgebungsauftrag nach.

Für einmal war es die SVP, die dem Regierungsrat den Rücken zu stärken versuchte. «Das Kleeblatt ist nicht Geschichte, sondern gescheitert», rief Fraktionschef Andreas Glarner (Oberwil-Lieli) in den Saal. «Ihr werdet wieder scheitern, zuerst in der Abstimmung und dann bei den nächsten Wahlen», prophezeite er den bildungspolitisch vereinigten Parteien.

Das machte zumindest für den letzten Streitpunkt offenbar Eindruck. Die von SP, CVP/BDP, Grünen und der EVP getragene Motion für eine «bedarfsgerechte Steuerung der Ressourcen» für die Volksschule fand keine Unterstützung bei den Freisinnigen und wurde wie von der Regierung empfohlen in die weniger verbindliche (und so unbestrittene) Postulatsform umgewandelt. Offenbar war man hier der Meinung, sich zu nahe beim verworfenen Kleeblatt mit dem Sozialindex zu bewegen. Die Regierung will eine Vorlage präsentieren, die es ermöglicht, schwierigen Klassen Zusatzlektionen zuzugestehen.

Schliesslich brach der Grosse Rat noch eine Lanze für den Musikunterricht: Die Regierung soll die Grundlagen erarbeiten, damit Instrumentalunterricht an der gesamten Volksschule als Wahlfach angeboten werden muss. Dabei soll auch eine einheitliche Organisation der Musikschulen angegangen werden.