Der Zürcher Kantonsrat will die Zahl der entschuldigten und unentschuldigten Absenzen wieder im Zeugnis vermerken. Er verspricht sich davon einen besseren Besuch der Unterrichtsstunden.
Von Alfred Borter
Thomas Ziegler (EVP, Elgg) konnte als pensionierter Sekundarlehrer einen Triumph für sich buchen: Sein Postulat, mit dem er die Eintragung der Absenzen im Zeugnis der Volksschüler verlangte, wurde mit 118 zu 47 Stimmen klar unterstützt. Gegen den Willen der Lehrerschaft sei die Zahl der entschuldigten und unentschuldigten Absenzen vor etwa 20 Jahren aus dem Zeugnis entfernt worden, sagte er im Kantonsrat, doch das habe sich als Fehler erwiesen. Wie eine Nationalfondsstudie gezeigt habe, sei der Schulabsentismus ein echtes Problem.
Viele Schüler - fehlbare Schülerinnen gibt es kaum -, gäben als Grund für das Fernbleiben vom Unterricht an, sie hätten «null Bock auf Schule» oder sie hätten ausschlafen müssen. Schuleschwänzen aber könne zu Delinquenz führen. Daher dürfe man nicht wegsehen, sondern müsse handeln. «Schuleschwänzen muss Konsequenzen haben», forderte Ziegler. Unter anderem die Konsequenz, dass Absenzen im Zeugnis sichtbar würden. Lehrmeister würden darauf achten, und wer regelmässig am Unterricht teilgenommen habe, habe so eher eine Chance, eine Lehrstelle zu erhalten, als notorische Schulschwänzer.
Gegen Diskriminierung
Gerade das kritisierte Karin Maeder (SP, Rüti). Ein Schüler mit vielen Absenzen würde so diskriminiert, und dabei könne es ja so sein, dass sich der Schüler mittlerweile gebessert habe. Esther Guyer (Grüne, Zürich) unterstützte für die Mehrheit der Grünen den Ablehnungsantrag. Es genüge, wenn die Lehrperson das Kästchen ankreuze: «Erscheint pünktlich und ordnungsgemäss zum Unterricht.»
Das genüge eben nicht, wurde ihnen von allen Seiten entgegengehalten. Wenn die Schüler wüssten, dass ihre Absenzen im Zeugnis festgehalten würden, könne das mithelfen, dem Absentismus entgegenzutreten, sagte Stefan Dollenmeier (EDU, Rüti), selber auch Lehrer. «Wir leisten den Schülern einen Bärendienst, wenn wir ihnen alles durchgehen lassen», betonte er. «Die Jungen müssen wissen: Die Schule findet statt, und zwar mit allen Schülern», war die Meinung von Brigitta Johner (FDP, Urdorf). Die Angabe der Absenzenzahl sei keine Schikane, vor allem auch darum nicht, weil es ja jetzt die zwei Jokertage gebe, auf die alle Schulkinder Anrecht hätten.
Claudia Gambacciani (Grüne, Zürich), die gleich ihre Schulklasse zwecks Anschauungsunterricht auf die Tribüne mitgenommen hatte, gab zu verstehen, wenn der Unterricht nicht mehr von allen besucht werden müsse, könnte man ja gleich soziale Animatoren anstellen anstelle von Lehrkräften. Andreas Erdin (GLP, Dürnten), Inge Stutz (SVP, Marthalen) und Willy Germann (CVP, Winterthur) setzten sich ebenfalls für das Postulat ein.
«Hohes Ausmass»
Auch Bildungsdirektorin Regine Aeppli zeigte Verständnis für den Vorstoss, sie war bereit, ihn entgegenzunehmen. «Der Bildungsrat wird die Frage prüfen», versprach sie, das Fernblieben von Schülern vom Unterricht habe tatsächlich ein zu hohes Ausmass angenommen. Sie Schule sei obligatorisch und die Gesellschaft wende eine hübsche Summe dafür auf, dass jedes Kind in die Schule gehen könne. Sie erinnerte daran, in früheren Zeiten hätten nur Kinder wohlhabender Eltern Unterricht erhalten, und nun dass Bildung unentgeltlich jedem Kind zugänglich sei, sei eine wichtige Errungenschaft. Sie sei überzeugt: Die Umsetzung des Postulats habe eine präventive Wirkung.