Welche Autos fahren die Bundesräte privat? Nicht mehr bloss Prestigegefährte. Zwei Bundesrätinnen setzen auf einen Mini – die dritte auf einen Hybrid.
Da war die Auto-Welt noch in Ordnung. 2003 fuhren die Mitglieder der Landesregierung, neben ihrer schwarzen Staatskarosse, folgende vom Bund finanzierte, sogenannte private Dienstwagen:
Aber es zeigte sich eine erste Bruchlinie. Aussenministerin Micheline Calmy-Rey (SP) liess sich statt ein dickes deutsches oder amerikanisches Prestigegefährt den Durchschnittswagen schlechthin anschaffen: einen VW Golf GTI. «Frau Calmy-Rey legt eher Wert darauf, dass das Auto klein und wendig ist», sagte der Sprecher der Bundesrätin damals. Eine Bundesrätin in einem Golf – Calmy-Rey hatte ein Tabu gebrochen.
Calmy-Rey erwies sich als Trendsetterin. Die Dienstwagen der Bundesratsmitglieder werden in der Tenzenz immer kleiner oder fallen sogar ganz weg. Sieht man sich den aktuelle Bild der bundesrätlichen Dienstwagen an, steht man laut Angaben der Bundeskanzlei und Abklärungen dieser Zeitung vor folgendem Bild:
Gar keinen vom Bund bezahlten Dienstwagen fahren derzeit die beiden zuletzt gewählten Regierungsmitglieder. Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) ist mit Elektromotor unterwegs. Sie fährt vorderhand weiterhin ihren privaten Toyota Prius Hybrid, wie ihr Sprecher sagt. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger im VBS, Guy Parmelin, habe sich auch nicht die Absicht, sich das Gefährt vom Bund abkaufen zu lassen, sagt der Sprecher auf Nachfrage.
Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP) kutschiert weiter mit ihrem bisherigen Privatwagen herum: «Sie verzichtet vorderhand auf einen Dienstwagen», sagt ein Sprecher. Die St. Gallerin fährt auch als Bundesrätin weiterhin ihren privaten Mini, wie ein Sprecher bestätigt.
Damit sind bereits zwei Bundesrätinnen mit Mini unterwegs – denn seit gut einem Jahr setzt auch Simonetta Sommaruga, vorher ohne eigenes Auto – auf den kleinen Briten. «Er ist leicht, klein und hat eine gute Bodenhaftung. Ein bisschen Gokart-Gefühl», so Sommaruga vor einem Jahr zu dieser Zeitung.
Der Mini ist für Bundesräte also derzeit das, was vor 15 Jahren noch der Audi war: Als Privatwagen am beliebtesten.
Auch Guy Parmelin, seit 2016 im Bundesrat, zeigte sich bescheiden. Auch er liess sich nicht extra einen Dienstwagen anschaffen. Er verkaufte dem Bund seinen privaten Mazda 6 und zum Eurotax-Tarif und fährt ihn seither als Dienstwagen.
Ihm tat es jetzt auch Aussenminister Ignazio Cassis gleich. «Der Privatwagen, den Bundesrat Cassis vor seiner Wahl in den Bundesrat gefahren hat, wurde Ende 2018 auf den Bund umgeschrieben», sagt ein Sprecher des Aussendepartements. Auch Cassis liess sich demnach keinen neuen Dienstwagen anschaffen, sondern behielt sein bisheriges Auto, den BMW. Und der Cassis-Sprecher betont auch noch: «Für kurze Strecken – etwa in der Stadt – nutzt Bundesrat Cassis ausserdem einen Elektro-Smart. Dieser wird weiterhin als Privatwagen geführt.»
Offensichtlich ist: Der Bundesrat rüstet bei den Privatwagen motorenmässig immer mehr ab und stellt auch ökologischere Modelle um.
Das vom Bund finanzierte private Dienstfahrzeug können die Regierungsmitglieder frei auswählen. Es darf bis zu etwa 100'000 Franken kosten. Laut dem Reglement «Aide memoire» der Landesregierung gilt: Bundesratsmitglieder, die sich vom Bund kein Dienstfahrzeug finanzieren lassen, können sich die Kosten für Dienstfahrten vergüten lassen. Pro Kilometer werden 80 Rappen bezahlt. Wer ein Dienstfahrzeug hat, zahlt pro Monat 0,8 Prozent des Kaufpreises an den Bund. Kostet ein Wagen also 100'000 Franken, muss das Bundesratsmitglied pro Monat 800 Franken zahlen.
Daneben haben die Mitglieder des Bundesrats und der Bundeskanzler noch ein Repräsentationsfahrzeug mit Fahrer. Und dort hat die moderne Welt noch nicht so richtig Einzug gehalten – mit Ausnahme von Sommarugas Tesla, den sie von Doris Leuthard (CVP) übernommen hat. Derzeit sieht dieser Wagenpark laut Angaben der Bundeskanzlei so aus:
Hier gibt es also noch Verbesserungspotenzial. Und halb Bundesbern rätselt, wann sich Kanzler Thurnherr von seinem mittlerweile über zehn Jahre alten dicken Mercedes trennen wird.