SANIERUNG DER AHV
Rentenalter 66: Die Jungfreisinnigen kämpfen in einem Schlussspurt für die Unterschriften ihrer Volksinitiative

Bisher hat die Jungpartei 87'000 Unterschriften gesammelt. Es bleiben nur noch drei Wochen, um 100'000 zu erreichen. Reicht das?

Francesco Benini
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Noch ist er nicht im Ziel: FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt, der Initiant der Initiative für eine Erhöhung des Rentenalters.

Noch ist er nicht im Ziel: FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt, der Initiant der Initiative für eine Erhöhung des Rentenalters.

Anthony Anex / KEYSTONE

Rentenalter 66 für alle bis im Jahr 2032, dann eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung – das fordert die Volksinitiative der Jungfreisinnigen. Für die Unterschriftensammlung bleibt Zeit bis am 16. Juli. In den kommenden drei Wochen muss die Jungpartei einen Effort leisten, damit ihre Initiative zustande kommt.

Matthias Müller, der Präsident der Jungfreisinnigen, erklärt auf Anfrage: «Wir sind aktuell bei 87'000 beglaubigten Unterschriften.» Müller betont aber, dass bis Ende Juni Tausende Unterschriften dazu kämen, welche die Gemeinden meldeten.

Müller weist auf unerwartete Probleme im vergangenen Jahr hin. «Dass kurz nach dem Start der Unterschriftensammlung die Coronakrise ausbrach, hat unsere Bemühungen deutlich erschwert.» Trotzdem sei die Partei zuversichtlich, dass sie die nötige Anzahl Unterschriften sammeln werde.

Die Jungfreisinnigen schauten nach Skandinavien

Die Initiative setzt beim dänischen Modell an: Leben die Menschen länger, steigt auch das Rentenalter. Damit wird das Rentensystem finanziell stabilisiert, ohne dass ständig zusätzliche Milliarden eingeschossen werden müssen. In der Schweiz gehen bald geburtenstarke Jahrgänge in Pension. Das dürfte zu vielen offenen Stellen auf dem Arbeitsmarkt führen. Die Jungfreisinnigen sind darum überzeugt, dass ein höheres Rentenalter nicht zu höherer Arbeitslosigkeit führt.

In der Schweiz hat sich das Bundesparlament kürzlich für auf eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65 ausgesprochen. Damit verbunden wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diese Massnahmen würden der AHV bis 2030 helfen – dann zeichnet sich erneut eine gewaltige Finanzierungslücke ab. Und die Linke will das Referendum gegen Rentenalter 65 für Frauen ergreifen; die Gewerkschaften haben ausserdem eine Initiative für eine 13. AHV-Rente angekündigt. FDP-Nationalrat Marcel Dobler findet, dass es so nicht gehe. Er sagt:

«Mittel- oder langfristig kommen wir um eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung nicht herum.»

Der Arbeitgeberverband unterstützt die Jungfreisinnigen bei der Unterschriftensammlung ideell und finanziell. Valentin Vogt, der Präsident des Verbandes, sagt: «Eine langfristige Sanierung der AHV ist nur möglich, wenn das Rentenalter gegen Ende dieses Jahrzehnt über 65 angehoben wird. Das ist leider unabdingbar.»

Wie reagieren die anderen bürgerlichen Parteien?

Offen ist die Frage: Werden SVP und die Mitte die Initiative unterstützen, wenn sie zur Abstimmung kommt? Gegen eine Erhöhung des Rentenalters lässt sich leicht Stimmung machen. Sozialminister Alain Berset erklärt stets, eine Anhebung sei «nicht mehrheitsfähig». Er sagt aber nicht, warum das so ist. Wegen der Finanzierungslücke will der Nationalrat Gewinne der Nationalbank der AHV zuführen. Der Ständerat wird die Massnahme aber voraussichtlich ablehnen

Initiant der Initiative für ein höheres Rentenalter ist Andri Silberschmidt. Er führt inzwischen nicht mehr die Jungfreisinnigen, sondern sitzt für die FDP im Nationalrat. «Wir sind immer nach am Sammeln und werden den Schlussspurt noch einmal zur Mobilisierung nutzen», sagt er.