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Schweiz
Nach heftiger Kritik an der Diskussionssendung über Rassismus äussert sich «Arena»-Moderator Sandro Brotz erstmals ausführlich zu den Vorwürfen. Und erklärt, was er diese Woche besser machen will.
Sandro Brotz, letzte Woche ging die «Arena» unter dem Titel «Jetzt reden wir Schwarzen» auf Sendung. Wer zuschaltete, sah in der Hauptrunde an den Stehpulten drei weisse und nur eine schwarze Person. War das dilettantisch oder eine bewusste Provokation?
Sandro Brotz: Weder noch. Wir haben mit dem brutalen Tod von George Floyd und den Black Live Matter-Kundgebungen – auch in der Schweiz – das zentrale Thema der Woche aufgenommen. Wir wollten ein Zeichen setzen, Rassismus – auch hierzulande – ernst zu nehmen. Das ist nicht in dieser Art und Weise gelungen, wie wir uns das vorgestellt haben. Darum gibt es nun einen zweiten Anlauf. Wir haben die Kritik gehört, wir haben sie ernstgenommen und wir hören weiter zu.
Die Kritik an der letzten Sendung war zwar heftig. Aber sind Sie insgeheim froh, dass die ganze Schweiz, erstmals seit Sie von Jonas Projer übernommen haben, über die «Arena» diskutiert?
Es freut mich im Grundsatz, wenn über die «Arena» diskutiert wird – aber bestimmt nicht in der Form, wie dies nun geschieht. Wir waren und sind immer mal wieder ein Thema bei den Medien und in der Öffentlichkeit. Das zeigt mir, dass die «Arena» nach wie vor ein hochrelevantes Sendegefäss ist.
Mit SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler und James Foley, Präsident der Schweizer Sektion der US-Republikaner, waren zwei Weisse in der Hauptrunde, welche die Existenz von strukturellem Rassismus in der Schweiz in Abrede stellten. Dass sie diese Haltung vertreten würden, war absehbar. Wenn Sie eine Sendung über Arbeitslosigkeit machen würden, würden Sie ja auch keine Gäste einladen, welche abstreiten, dass es Arbeitslose gibt. Weshalb kam die Redaktion zum Schluss, dass diese Gäste die Diskussion bereichern würden?
Es ist mir nicht um eine Bereicherung der Diskussion gegangen. Im Grundverständnis war, ist und bleibt die «Arena» eine Sendung, in der kontroverse Meinungen mit demokratisch legitimierten politischen Kräften debattiert werden. Wenn dabei auch die USA zum Thema wird und absehbar ist, dass auch Kritik an Donald Trump geäussert wird, ist es nicht mehr als journalistische Ausgewogenheit, wenn diese Seite auch zu Wort kommt. Von einigen Gästen, die wir einladen wollten, ist im Vorfeld zudem gefordert worden, dass die SVP nicht an dieser Debatte teilnimmt. Darauf konnte und wollte ich nicht eingehen. Ich gestehe aber ein, dass die vergangene Sendung insgesamt wohl thematisch überladen war – gerade, was den USA-Block anbelangt.
Am Freitag strahlt SRF erneut eine «Arena» zum Thema Rassismus aus. Am vergangenen Freitag waren mit Ausnahme des Comedian Kiko mit den Nationalrätinnen Andrea Geissbühler (SVP) und Samira Marti (SP) sowie James Foley von der Schweizer Sektion der US-Republikaner drei von vier Gästen in der Hauptrunde weisser Hautfarbe. Diese Woche sind ausschliesslich Personen schwarzer Hautfarbe eingeladen: Fatima Moumouni (Spoken Word Poetin), Jovita Dos Santos Pinto (Kulturwissenschaftlerin), Angela Addo, (Mitorganisatorin Kundgebung «Black Lives Matter» und Juso-Mitglied) sowie Gabriella Binkert (Unternehmerin und SVP-Präsidentin Val Müstair). (cbe)
Ist die «Arena»-Redaktion ein Stück weit gefangen in Ihrer Fixierung auf kontroverse Diskussionen und von komplexeren Themen wie Rassismus überfordert?
Das streite ich ab. Manchmal wäre ich froh, die Zuschauerinnen und Zuschauer hätten einen Einblick, wie intensiv und breit wir an ein Thema, die Fragestellungen und die Auswahl der Gäste herangehen. Nein, wir waren nicht überfordert, aber wir haben die Wirkung der Sendung unterschätzt. Hinzu kommt ein missglückter Titel, für den ich die volle Verantwortung übernehme.
Bereuen Sie die Sendung vom letzten Freitag oder sind Sie froh über die Lektionen, die Sie daraus gelernt haben? Was nehmen Sie für zukünftige Sendungen zu komplexen Themen mit?
Ich hoffe, doch dass man auch als Journalist immer dazulernen kann. Wissen Sie: Ich befasse mich seit vielen Jahren mit dem Thema Rassismus, habe dazu oft recherchiert und publiziert.
Nun bin ich ausgerechnet bei einem meiner journalistischen Herzensanliegen gescheitert, was besonders weh tut - aber manchmal braucht es einen zweiten Anlauf, um es besser zu machen.
Der runde Tisch, wie wir ihn nun für die neuerliche Sendung zum Thema Rassismus ins Studio stellen, ist übrigens keine neue Erfindung. Er kam in der Vergangenheit schon zwei Mal bei den gescheiterten Abstimmungsvorlagen zur AHV 2020 und zur Unternehmenssteuerreform III und bei einer Debatte über den Europarat zum Einsatz.
Diesen Freitag wollen Sie es besser machen: Dieses Mal sind ausschliesslich schwarze Menschen eingeladen, die an einem runden Tisch miteinander diskutieren. Was erhoffen Sie sich von der Neuauflage?
Ich bin nach einer «Arena» selten zufrieden und finde im Nachhinein immer etwas, dass man noch besser machen hätte können, sollen oder müssen. Ich erhoffe mir aber, dass wir nach der Sendung im Studio festhalten könnten: «Ja, das war eine konstruktive Debatte.»
Nach der heftigen Kritik, vor allem auf Social Media, haben sie nun Gäste und Format ausgetauscht. Ist die „Arena“-Redaktion vor dem öffentlichen Druck eingeknickt und hat ihre redaktionelle Unabhängigkeit zu wenig verteidigt?
Wir sind überhaupt nicht eingeknickt. Bei der Auswahl der Gäste sind wir so wie immer vorgegangen. Aber auch wir TV-Macherinnen und Macher müssen uns der Kritik stellen und bereits ein, daraus zu lernen. Dazu gehört in einer aufgeheizten Stimmung auch, dass man das Setting anpasst.