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Schweiz
Jean-François Steiert (SP) verpasst bei den kantonalen Abstimmungen den Einzug in die Freiburger Regierung – Christian Levrat schliesst eigene Kandidatur aus. Er will sich auf die Bundespolitik konzentrieren.
Die Kirche bleibt im katholischen Freiburg im Dorf. CVP-Mann Jean-Pierre Siggen holte am Sonntag im entscheidenden 2. Wahlgang 562 Stimmen mehr als SP-Herausforderer Jean-François Steiert.
Damit stellen in der Freiburger Regierung weiterhin die Bürgerlichen die Mehrheit. Drei Christdemokraten und einem Freisinnigen stehen zwei Sozialdemokraten und eine Grüne gegenüber.
Steiert hätte den Coup vollendet
Damit ist auch der Siegeszug der Freiburger SP-Bande mit Christian Levrat, Alain Berset und Jean-François Steiert vorerst gestoppt worden. Die Wahl des perfekt zweisprachigen Steiert in die Exekutive wäre der vorläufige Schlusspunkt eines langen von den SP-Copains minuziös geplanten Wahlreigens gewesen.
Die Dreierbande kennt sich schon lange. Im kleinräumigen Freiburg sind die Wege kurz, Seilschaften sind noch wichtiger als anderswo. Levrat und Berset sassen ab 2000 gemeinsam im Freiburger Verfassungsrat.
Steiert politisierte gleichzeitig im Freiburger Stadtparlament, dann im Grossen Rat. Während Levrat und Berset 2003 den Sprung nach Bern schafften – Levrat in den National-, Berset auf Anhieb in den Ständerat –, musste sich Steiert noch vier Jahre gedulden.
Seit 2007 ziehen sie im Bundeshaus gemeinsam die Fäden. Spätestens als Levrat am 1. März 2008 zum Nachfolger von Hans-Jürg Fehr im SP-Präsidium gewählt wurde, führte in Bern nichts mehr an den Freiburger Genossen vorbei.
Der grosse Coup folgte im Dezember 2011. Levrat hievte seinen Freund Berset, damals noch nicht einmal 40-jährig, in den Bundesrat. Der gestandene Waadtländer Staatsrat Pierre-Yves Maillard hatte gegen die Freiburger Connection das Nachsehen.
Levrat selbst erbte im März 2012 den Ständeratssitz von Alain Berset – Wahlkampfleiter war ein gewisser Jean-François Steiert.
Im Mai dieses Jahres schliesslich ernannte Kulturminister Alain Berset die Freiburger Erziehungsdirektorin Isabelle Chassot (CVP) zur neuen Chefin des Bundesamtes für Kultur.
Böse Zungen unterstellten Berset eine Doppelstrategie. Die Beförderung einer verdienten Kollegin aus alten Freiburger Zeiten zum einen. Zum andern die Ebnung des Terrains für Genosse Steiert in die Freiburger Regierung.
Dieser liess sich nicht zweimal bitten und meldete sein Interesse an der frei werdenden Stelle im Erziehungsdepartement an. Für Steiert sprach seine berufliche Erfahrung. Seit 2002 arbeitet er im Waadtländer Bildungsdepartement.
Viele trauten der Linken den Coup auch deshalb zu, weil die Genossen pragmatisch und wenig klassenkämpferisch auftreten.
«Die Freiburger SP war nie eine Arbeiterpartei», sagte Jean Steinauer, Freiburger Historiker und selbst SP-Mitglied, jüngst in der «Basler Zeitung». Dazu fehlte in Freiburg schlicht das Industrieproletariat.
Jung, begabt und jetzt?
Am Sonntag nun hat das Stimmvolk den Rausch der SP-Bande beendet. Anstelle Steierts zieht mit Arbeitgeberpräsident Jean-Pierre Siggen ein Mann der Wirtschaft in die Exekutive ein und verhindert damit eine links-grüne Mehrheit im einst so katholisch-konservativen Freiburg. Die Nichtwahl Steierts ist der erste grosse Rückschlag im Eroberungsfeldzug der SP-Copains.
Levrat hält die politische Zeitenwende in Freiburg trotz der SP-Niederlage nur für aufgeschoben. Der Kanton befinde sich soziologisch im Umbruch. «Die CVP konnte ihren Sitz nur dank einer brüchigen Allianz mit der SVP verteidigen.»
Das werde nicht mehr lange gut gehen, prophezeit Levrat. Seine eigene Kandidatur für die Gesamterneuerungswahlen von 2016 schliesst Levrat indes aus. Der 43-Jährige will sich ganz auf die Bundespolitik konzentrieren.