Die Schweizer Fotografin Sylvia Michel hat ein Video vom Urnersee auf Facebook geladen. Inzwischen hat sich der Beitrag wie ein Lauffeuer verbreitet – weit über eine Million Mal wurde das Video angesehen.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah sein kann: Ein kurzes Video vom Urnersee sorgt aktuell bei Facebook für Likes, Herzchen und Wows aus aller Welt.
Das rund 40-sekündige Video ist für eine Profi-Fotografin erstaunlich einfach gehalten: Sylvia Michel hält mit ihrer Handykamera einfach nur auf den Urnersee zu, dem sie sich zu Fuss nähert. Ein kleiner Schwenk nach rechts, das Richtung Brunnen fahrende Dampfschiff auf dem See ein wenig herangezoomt, sonst nichts.
Dennoch geht der Clip auf Facebook gehörig ab. Mehr als 1,6 Millionen Mal wurde das Video seit Mitte Juni bereits angeschaut, rund 36'000 Mal im Netzwerk geteilt und über 6'000 Mal kommentiert. Über 180'000 User schenkten dem Beitrag einen Like, darunter User aus den USA, Bangladesch oder den Philippinen.
Sylvia Michel glaubt zu wissen, weshalb ihr kurzes Video im Netz bei Nutzern aus aller Welt so gut ankommt: «Die Leute können das gar nicht glauben, dass es so schön ist bei uns. Und das obwohl die Region ja kein Geheimtipp ist.»
Trotzdem war die 46-jährige Winterthurerin vom Hype überrascht, wie sie gegenüber unserer Zeitung sagt. «Das Spezielle ist ja, dass ein simples Video von einem grünen See die Leute so begeistert. Und das finde ich schön. Die Einfachheit einer Aufnahme, die die Natur so zeigt wie sie ist. Meiner Meinung nach zeigt das, dass die Leute irgendwie wieder zurück zur Natur wollen, offenbar ist dafür ein Bedürfnis vorhanden.»
Entstanden sei das Filmchen auf der Rückreise aus dem Tessin unweit der Raststätte bei der Tellsplatte in Sisikon. «Ich bin vom Gotthard her gekommen und habe gesehen, dass der See an diesem Tag eine wunderschöne Farbe hatte. Da hielt ich an, stieg aus, zückte die Kamera und ging dann ein paar Schritte.»
«Ich selber halte dort jedes Jahr sicher 10 bis 15 Mal an», so Sylvia Michel, die nicht nur wegen der schönen Aussicht Rast einlegt. «Rasta, mein weisser Schäferhund, der mich auf Schritt und Tritt begleitet, ist um die Pausen jeweils nicht unglücklich», ergänzt die Fotografin schmunzelnd. Beruflich sei sie oft südlich des Gotthards unterwegs, «deshalb fahre ich häufig durch den Kanton Uri».
Dennoch habe sie zu diesem Flecken Erden eigentlich keine besondere Beziehung, gesteht Michel. «Ehrlich gesagt kenne ich die Gegend im Kanton Uri nicht so gut. Aber wer weiss, vielleicht ändert sich jetzt das.» Ein Restaurant in Bauen hat die Frau hinter dem Video nämlich spontan zum Essen eingeladen. «Das war eine der verrücktesten Rückmeldungen, die ich auf meinen Beitrag erhalten habe», freut sich Sylvia Michel.
Obwohl ihre Videos sehr beliebt seien, verdiene sie kein Geld damit. Sie wolle den Leuten nur die Schönheit unseres Landes näherbringen, so Michel. «Ich sage immer, ein Leben reicht nicht, um die Schönheit unseres Landes kennenzulernen.»
Bei Uri Tourismus freut man sich über das Video. «Unter dem Strich ist das natürlich beste Werbung für die Region», so Geschäftsführer Maurus Stöckli auf Anfrage unserer Zeitung. Dass so ein einfaches Video auf ein solch grosses Interesse stosse, zeige: «Manchmal ist weniger mehr.» Ob und wie stark die Urner Tourismuswirtschaft von der Beliebtheit des Beitrags profitiert, ist gemäss Stöckli fraglich. «Was das bringt, ist schwer zu sagen. Bis jetzt haben wir kein spürbares Plus an Buchungen verzeichnen können.» Mittelfristig könne der Beitrag allenfalls für ein bisschen mehr Traffic auf der Website sorgen.