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In einem Youtube-Video hetzten fünf Berner Hip-Hopper gegen die SVP-Nationalrätin. Das Gericht verurteilte die Diss-Rapper wegen unflätiger Beschimpfung, nicht aber wegen Sexismus.
Rapper aus dem Umfeld der Reitschule komponierten einen Rap-Song über SVP-Nationalrätin Natalie Rickli. Die beiden Musiker Tilt und 200BPM vom Berner Rap-Kollektiv Chaostruppe rappten, die Politikerin sei ja vielleicht ganz in Ordnung, wenn sie nur wieder einmal «richtig gfiggt» würde.
Sie bezeichneten die SVP-Politikerin als Schlampe und forderten sie wiederholt auf primitivste Weise zum Oralverkehr auf. «Als ich das Lied hörte, war ich schockiert und betroffen. Wie kann man nur so über Frauen denken und sie auf diese Weise beschimpfen und sexuell belästigen?», sagt Rickli zum Sonntagsblick. Am 24. März 2016 erstattete Rickli Strafanzeige. Im Februar dieses Jahres gab die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern der SVP-Frau aus Winterthur ZH recht.
Die fünf beteiligten Hip-Hopper, Mitglieder des Berner Rap-Kollektivs Chaostruppe, wurden mittels Strafbefehl wegen Verleumdung, Beschimpfung und sexueller Belästigung schuldig gesprochen. Diese Woche fand die Hauptverhandlung des Regionalgerichts Bern-Mittelland gegen die Diss-Rapper statt. Die fünf Angeklagten gaben sich vor dem Tribunal reuig. Sie entschuldigten sich bei der Klägerin. Der Kniefall verfehlte seine Wirkung nicht.
Zwar verurteilte auch EVP-Gerichtspräsidentin Christine Schaer die Musiker. Im Gegensatz zum Antrag der Staatsanwaltschaft aber lediglich wegen Beschimpfung – und auch nur zu einer bedingten Geldstrafe von einigen Hundert Franken. Von Verleumdung und sexueller Belästigung wurden sie dagegen freigesprochen. Strafrechtsprofessor und SP-Ständerat Daniel Jositsch versteht das Urteil nicht. Er hält fest: «Das ist sexuelle Belästigung.»
Auch andere politische Gegner solidarisieren sich mit Rickli: «Ich finde den Text inakzeptabel, unserer politischen Kultur und Demokratie unwürdig», sagt GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy zum Sonntagsblick. Zwar sei die Rap-Kultur durchaus für sexistische Texte bekannt. «Dies ist aber ein persönlich abwertender sexistischer Angriff auf eine Politikerin», so die Co-Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F.
Die verbalen Entgleisungen sorgen auch in der Berner Reitschule für Kritik. Das linksalternative Kulturzentrum sieht sich als Vorreiter im Kampf gegen Sexismus.
«Autsch, #Chaostruppefail, #GrenzendesDissraps», kommentierte Reithalle-Urgestein Tom Locher das Urteil auf Facebook. (amü)