Voraussichtlich am Montag werden fünf Mitglieder des Nationalrats die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen treffen. Derweil hat das Aussendepartement EDA seine Website zu Taiwan sprachlich angepasst. Die neue Formulierung fällt weniger China-hörig aus.
Der Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi auf Taiwan hatte im August 2022 erhebliche Spannungen ausgelöst. China betrachtet die demokratische Inselrepublik als abtrünnige Provinz. Peking reagierte mit Militärübungen auf Pelosis Besuch. Kampfflugzeuge drangen dabei in den von Taiwan beanspruchten Luftraum ein.
Eine ähnliche Eskalation der Lage wegen der Anwesenheit der Nationalratsmitglieder Fabian Molina (SP/ZH), Mustafa Atici (SP/BS), Nicolas Walder (Grüne/GE), Léonore Porchet (Grüne/VD) und Yves Nidegger (SVP/GE) ist nicht zu erwarten.
Doch Freude an der Reise dürfte man in Peking dennoch keine haben –und noch viel weniger in der chinesischen Botschaft in Bern. Denn wie Nationalrat Walder auf Anfrage bestätigt, trifft sich die Parlamentsdelegation mit hochrangigen Vertretern Taiwans.
Am Montag ist ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen vorgesehen. Auch mit dem Aussenminister, dem Gesundheitsminister, der Digitalministerin und dem Parlamentspräsidenten wird sich die Schweizer Delegation treffen.
Vor drei Wochen hatte die chinesische Botschaft in Bern gegenüber der «NZZ am Sonntag» unzweideutig vor solchen Treffen gewarnt. Man hoffe, dass die Schweizer Parlamentarier «auf jegliche Form von offiziellen Kontakten mit den Behörden Taiwans verzichten» und «keine falschen Signale an die Separatisten aussenden», die die Unabhängigkeit Taiwans anstrebten. Auf eine Anfrage der «Schweiz am Wochenende» über die geplanten Treffen reagierte die Botschaft nicht.
Der Genfer Nationalrat Nicolas Walder sagt, beim Treffen mit der Präsidentin und anderen hochrangigen Vertretern wolle man «die Freundschaft und Solidarität des Schweizer Parlaments mit dem taiwanesischen Volk, seiner Demokratie und seinen Institutionen bekräftigen.»
SP-Nationalrat Fabian Molina ergänzt: «Wir wollen Möglichkeiten ausloten, wie die wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen der Schweiz und Taiwan vertieft werden könnten.»
Wie die allermeisten Staaten der Welt verfolgt die Schweiz eine Ein-China-Politik und anerkennt nur die Volksrepublik China und deren Regierung in Peking offiziell an. Nicht nur im Parlament wurde in jüngster Zeit Kritik laut, dass der Bundesrat den vorhandenen Spielraum für eine Stärkung der Beziehungen mit Taiwan aus Angst vor Pekings Unmut nicht ausnutze.
Nun lässt eine neue Formulierung auf der entsprechenden Webseite des Aussendepartements EDA aufhorchen. Dort hiess es vor wenigen Monaten noch, die Schweiz betrachte die Republik China, wie sich Taiwan selbst nennt, «nicht als eigenständigen Staat, sondern als Teilstaat Chinas». Bei ihren bilateralen Beziehungen und auf internationaler Ebene anerkenne die Schweiz nur die Volksrepublik China.
Kürzlich wurde diese Passage umgeschrieben. Davon, dass die Schweiz Taiwan als Teilstaat Chinas betrachtet, ist keine Rede mehr. Jetzt steht dort lediglich: «Seit ihrer Anerkennung der Volksrepublik China am 17. Januar 1950 verfolgt die Schweiz eine Ein-China-Politik. In diesem Sinne unterhält die Schweiz keine diplomatischen Beziehungen zu den Behörden auf Taiwan.»
Auf Anfrage schreibt das EDA, die Schweizer Position in der Taiwan-Frage habe sich nicht geändert. Diese schliesse weiterhin formelle diplomatische Beziehungen zu den Behörden Taiwans aus. «Ein technischer Austausch in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ist jedoch möglich und erwünscht.» Die Aktualisierung der Webseite habe lediglich zum Ziel gehabt, die deutsche Version an jene der französischen und italienischen Version anzupassen, so das EDA.