Rolf Büttiker
«Regierungsreform ist nötig »

Rolf Büttiker ist seit 18 Jahren für die Solothurner Freisinnigen im Ständerat. Der Bundesrat mache seine Arbeit meistens gut, ist er der Meinung. Dennoch fordert er eine Regierungsreform.

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Rolf Büttiker

Rolf Büttiker

Schweiz am Sonntag

Andreas Toggweiler

Ende der Legislatur werden Sie den Kanton Solothurn 20 Jahre im Ständerat vertreten haben. Ist Ihnen die Politik noch nicht verleidet?

Rolf Büttiker: Nein, keineswegs. Politisieren macht mir Spass wie eh und je. Ob ich 2011 nochmals antrete, werde ich zur gegebenen Zeit kommunizieren. Sobald jemand ankündigt, dass er auf ein bestimmtes Datum hin zurücktritt, verliert er an Einfluss. Es ist, wie wenn der Betreffende von diesem Zeitpunkt an ins zweite Glied zurücktritt. Das kann so weit gehen, dass man nicht mehr ernst genommen wird. Ich möchte das vermeiden, denn ich will weiterhin politisch präsent sein und etwas bewegen.

Man hat manchmal das Gefühl, die Schaumschläger gewinnen im Parlament die Oberhand. Sondersession reiht sich an Sondersession, aber heraus kommt wenig bis nichts.

Im Ständerat trifft das sicher nicht zu, obwohl es zwischendurch auch mal solche Tendenzen gab, als mehrere Parteipräsidenten im Stöckli sassen. Insgesamt ist die Politik plakativer geworden, manchmal auch effekthascherisch. Denn wenn simplifiziert wird, findet das eher Widerhall in den Medien.

Dann erwartet uns in den nächsten zwei Jahren im Parlament also nur noch Wahlkampf?

Ich hoffe nicht, auch wenn ich mit den Resultaten in der ersten Legislaturhalbzeit effektiv nicht zufrieden bin. Was mir auch Sorgen macht, ist, dass die Verhärtung der Fronten unheilige Allianzen fördert und Problemlösungen verhindert. Im Nationalrat droht beispielsweise die Revision der Arbeitslosenversicherung genau daran zu scheitern. Eigentlich ist diese Revision längst überfällig. Wir haben es - und das sage ich auch selbstkritisch - in der Hochkonjunktur verpasst, die ALV zu sanieren. Und jetzt, wo es sinnbildlich regnet, muss man den Leuten auch noch den Regenschirm nehmen. Das ist bitter. Auch bei der Sanierung der anderen Sozialversicherungen, bei der AHV und der IV sind wir noch weit von nachhaltiger Stabilisierung entfernt. Bei der EO werden die Probleme kommen, in der Krankenversicherung sind sie schon da.

Das tönt nicht so optimistisch. Wo trauen Sie denn dem Parlament Lösungen zu?

Im Gesundheitswesen muss etwas gehen. Hier müssen aber die Kantone bereit sein, etwas von ihrer Autonomie abzugeben, beispielsweise bei der Planung der Spitzenmedizin. Bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können wir uns nach wie vor sehen lassen. Zum Glück sind wir nicht der Versuchung erlegen, uns mit gigantischen Konjunkturprogrammen auch noch hoch zu verschulden. Es war richtig, hier nicht in Aktivismus zu verfallen.

Wie sind Sie mit der Arbeit des Bundesrates zufrieden?

Im Grossen und Ganzen hat der Bundesrat seine Aufgaben gut gemacht. Dass wir in der Gesundheitspolitik nicht vom Fleck kamen, lag weniger an Couchepin als am Parlament mit seinen zahlreichen Lobbyisten. Bundesrat Merz hat die Finanzen gut im Griff - viel besser als Kaspar Villiger. Und Frau Leut-hard kippt nicht gleich um, wenn die Bauern gegen den Freihandel mobilisieren. Moritz Leuenberger tut, was er kann für die Infrastruktur und Ueli Maurer für die Armee. Allein im aussenpolitischen Bereich läufts im Moment suboptimal. Das liegt aber nicht unbedingt an unserer Aussenministerin.

Woran liegt es dann?

An den Strukturen und an mangelnder Leadership. Der Bundesrat tritt gegen aussen zu wenig als Einheit auf. Das liesse sich beheben, beispielsweise, wenn der Bundespräsident für eine ganze Legislatur gewählt würde oder auch, wenn der Aussenminister Bundespräsident wäre. Kurz: Es bräuchte eine Regierungsreform. Die Aussenpolitik müsste zudem wieder vermehrt als Aussenwirtschaftspolitik verstanden werden und sich dabei klar auf unsere wichtigsten Handelspartner konzentrieren. Das heisst, auf unsere Nachbarländer, allen voran Deutschland. Gute Beziehungen zu Deutschland sind für uns vital, denn die beiden Länder sind in vielen Beziehungen geistesverwandt, und Deutschland hat viel Einfluss in der EU. Wenn da die Aussenministerin frankophon ist, ist das noch ein zusätzliches Handicap.

Soll das Volk den Bundesrat wählen?

Da bin ich voll dagegen. Damit könnten nur noch Schwerreiche oder national bekannte Showstars Bundesrat werden. Die wirklich kompetenten Leute, die weder einen hohen Bekanntheitsgrad noch die nötigen Millionen für den Wahlkampf hätten, blieben aussen vor. Das wäre ganz schlecht für das Land. Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, dass ein kleiner Kanton, beispielsweise Uri, einer Verfassungsänderung zustimmen würde mit einer ganzen Schweiz als Wahlkreis. Die hätten keine Chance mehr, je einen Bundesrat zu stellen.

Sie werden demnächst wieder einen Solothurner Kollegen im Ständerat erhalten. Mit welchem der drei Kandidaten Roland Borer, Roland Fürst oder Roberto Zanetti würden Sie gerne zusammenarbeiten?

Ich werde mich hüten, hier eine Stellungnahme abzugeben, denn ich möchte unbelastet mit dem Gewählten für das Wohl des Kantons Solothurn zusammenarbeiten. Wer das sein soll, das sollen die Wählerinnen und Wähler entscheiden.