Der Nationalrat sprach sich mit klarer Mehrheit für eine Vergrösserung der Landesregierung aus - mit den Stimmen der Mitte-Partei. Im Ständerat wollen ihre Vertreter nun aber nichts von der Reform wissen.
Das Resultat war deutlich: 102 Ja, 79 Nein. Der Nationalrat sprach sich Ende November 2021 dafür aus, dass der Bundesrat von sieben auf neun Mitglieder vergrössert werden soll. SP-Nationalrätin Nadine Masshardt plädierte erfolgreich für ihre Parlamentarische Initiative: Sie verwies darauf, dass in den Wahlen von 2019 nur noch 68,9 Prozent der Stimmen an Parteien gingen, die im Bundesrat vertreten sind. 2015 kamen die vier Bundesratsparteien zusammen auf 76,2 Wählerprozente.
«Mit neun Bundesrätinnen und Bundesräten würden in der Regierung nicht nur die Wählerinnen und Wähler besser repräsentiert – auch die Sprachregionen, Landesgegenden und die Geschlechter wären angemessener vertreten», sagt Masshardt. Die Nationalrätin weist ausserdem darauf hin, dass die politischen Geschäfte komplexer geworden seien und es mehr Konsultationen mit internationalen Behörden brauche. Auch diese Faktoren sprächen für neun statt sieben Bundesräte.
Die Grünen kamen in den Wahlen von 2019 auf 13,2 Wählerprozente. Der Angriff der damaligen grünen Parteipräsidentin Regula Rytz auf einen FDP-Sitz scheiterte dann klar. Der Präsident der Mitte, Gerhard Pfister, lud die anderen Parteien zu Gesprächen über die künftige Zusammensetzung des Bundesrates ein. Die Konsultationen blieben aber ohne Ergebnis.
Die Mitte spielt nun die entscheidende Rolle bei der Frage, ob die Schweizer Landesregierung vergrössert wird. Denn der Nationalrat nahm die Vorlage an mit Stimmen der SP, der Grünen, der Grünliberalen – und fast alle Mitte-Vertreter votierten Ja. Gegen eine Erweiterung der Exekutive sind hingegen die SVP und die FDP. Eine grössere Regierung würde den Grünen – und möglicherweise auch den Grünliberalen – den Einzug in den Bundesrat ermöglichen, ohne dass SP, FDP und die Mitte einen Sitzverlust befürchten müssten.
Würden sich nun die Ständeräte der Mitte gleich positionieren wie ihre Parteikollegen im Nationalrat, wäre das Ja der kleinen Kammer absehbar. SP, Grüne und Mitte halten 27 der 46 Sitze im Ständerat. Die Staatspolitische Kommission dieses Rates hat aber unlängst mit 7 gegen 3 Stimmen eine Ablehnung der Vorlage empfohlen.
Die Ständeräte der Mitte sind anderer Meinung als die Nationalräte der Mitte. «Mit sieben Bundesräten ist eine kollegiale Regierung möglich, mit neun wird daraus definitiv eine Konferenz von Departementsvorstehern», sagt Mitte-Ständerat Benedikt Würth. Mitte-Ständerätin Andrea Gmür findet: Mit neun Bundesräten werde nicht die politische Führung, sondern die Bundesverwaltung gestärkt, die mit Sicherheit aufgestockt würde. Und: Schon mit sieben Mitgliedern tue sich der Bundesrat schwer mit dem Kollegialitätsprinzip – «wie sieht es erst mit neun Mitgliedern aus?» Auch die Mitte-Ständeräte Stefan Engler und Daniel Fässler sprechen sich gegen eine grössere Regierung aus.
Der Ständerat wird voraussichtlich in der Sommersession, die am kommenden 30.Mai beginnt, über eine Erweiterung des Bundesrats befinden. Die Befürworter der Vorlage wollen nun einzelne Mitte-Ständeräte ins Gebet nehmen und sie davon überzeugen, dass sie gleich abzustimmen wie die Mitte-Nationalräte. Die Aussichten auf Erfolg sind allerdings nicht gut.