Gesundheit
Regierung stützt den Stellenabbau

Der Stellenabbau sei nötig, sagt Gesundheitsdirektor Peter Gomm. Er hätte aber weniger drastisch ausfallen müssen, wenn die Solothurner Spitäler AG in den letzten Jahren einen höheren Effizienzgewinn erzielt hätte.

Drucken
Peter Gomm

Peter Gomm

Solothurner Zeitung

Elisabeth Seifert

Mitten in den Ferien platzte letzte Woche die Bombe: Die Solothurner Spitäler AG baut 250 Stellen ab. Was sagt der Gesundheitsdirektor dazu?

Gomm: Aus volkswirtschaftlicher Sicht bin ich ganz und gar nicht glücklich über diese Situation. Andererseits hat die Solothurner Spitäler AG aber die betriebliche Verantwortung, die Solothurner Spitäler für die Einführung der Fallpauschalen im Jahr 2012 fit zu machen. Sie kann diese Verantwortung nicht delegieren, auch nicht an die Politik. Sie muss Vorschläge für Einsparungen machen und kann im personellen Bereich auch autonom handeln. Mir wurde zudem versichert, dass es im Kerngeschäft, also im pflegerischen und medizinischen Bereich, kaum zu Entlassungen kommen wird. Der Stellenabbau soll hier über die natürliche Fluktuation erfolgen. Im administrativen Bereich werden allerdings Härten, sprich: Entlassungen, nicht zu vermeiden sein.

Sie tragen also die Sparmassnahmen der SoH- Geschäftsleitung mit?

Gomm: Zuerst wird es Sache der Sozialpartner sein, den Sozialplan auszuhandeln. Dann wird die GAV-Kommission dazu Stellung nehmen und den Sozialplan schliesslich dem Regierungsrat zur Stellungnahme unterbreiten. Wir haben bereits einige Erfahrung mit einem solchen Sozialplan. Ein solcher war besonders bei der Umwandlung des Spital Breitenbach in ein Demenzzentrum nötig. Ich gehe davon aus, dass der Sozialplan, der jetzt ausgehandelt wird, jenem mehr oder weniger entspricht.

Den Stellenabbau brauchts, weil die soH um 15 Prozent zu teuer ist. Dabei hiess es von Seiten der Regierung immer, die kantonalen Spitäler seien günstig. Hat man hier beschönigt?

Gomm: Bei den Gesundheitskosten sind wir knapp unter dem Schweizer Mittel, sowohl was Prämien als auch was die Kostensituation betrifft. Für die Regierung hat deshalb keine Veranlassung bestanden, zu bezweifeln, dass sich die soH bisher vernünftig positioniert hat. Im Hinblick auf 2012 sind aber zusätzliche Anstrengungen nötig. Die DRG-Werte sind zwar noch nicht definitiv bestimmt und es braucht hier auch noch einen Bundesratsentscheid. Wir wissen aber, dass die Kassen darauf drängen, dass sich die DRG-Pauschalen nach den günstigen Spitälern richten.

Es wird gemunkelt, dass die Spitalstandorte unterschiedlich teuer sind. Olten soll um zehn Prozent teurer sein als Solothurn. Was sagen Sie dazu?

Gomm: Im Rahmen der Erfüllung des Leistungsaufrags sind für uns soH-interne Standortunterschiede sekundär. Ich kann mir aber vorstellen, dass Olten wegen der langen Neubauphase schwierigere Umstände zu bewältigen hatte als andere.

Die Solothurner Spitäler haben - etwa mit Blick auf den Kanton Thurgau - zu viel Personal. Hat die Regierung diese Entwicklung zu wenig kritisch begleitet?

Gomm: Es ist Sache der soH darüber zu entscheiden, wie viel Personal sie braucht, um den Leistungsauftrag zu erfüllen. Der Kanton setzt den finanziellen und qualitativen Rahmen. Diese Vorgaben hat die soH in den letzten drei Jahren stets gut erfüllt. Wir haben aber beobachtet, dass die Solothurner Spitäler bei der Aufenthaltsdauer der Patienten einen Handlungsbedarf haben. Der Kanton Baselland steht hier beispielsweise schlechter da. Die Patienten bleiben zum Teil zu lange im Spital. Das aber wirkt sich auch auf die Personalsituation aus. Der Regierungsrat hat hier bereits reagiert. Die Spitäler haben im Rahmen des Leistungsauftrags mit Blick auf das Jahr 2012 die Vorgabe erhalten, die Aufenthaltsdauer im Schnitt um 0,7 Tage zu kürzen.

Ist das bereits genug?

Gomm: Das wird sich zeigen. Wichtig ist aber auch, dass bei allen Massnahmen die Qualität gewahrt bleibt. Wir hätten es im Übrigen begrüsst, wenn die SoH die Fallpauschalen bereits letztes Jahr hätten einführen können. Das war die Absicht der Solothurner Spitäler AG und sie ist darin von der Regierung unterstützt worden. Santésuisse hat dies aber dann abgelehnt, weil sie zuerst die Ergebnisse der Versuchsspitäler abwarten will.

Besonders gross ist der Stellenabbau im Bereich der Verwaltung. Ein Zeichen dafür, dass hier in den letzten Jahren - mit der Gründung der soH - ein Wasserkopf entstanden ist?

Gomm: Nein. Das Problem ist vor allem ein anderes. Die vergleichsweise grössere Verwaltung, inklusive Betriebe, erklärt sich vor allem damit, dass es der Solothurner Spitäler AG in den letzten drei Jahren nicht gelungen ist, die dezentralen Strukturen so zusammenzuführen, dass ein genügend grosser Effizienzgewinn erzielt werden kann. Genau das aber war und ist ist die Absicht des neuen Spitalgesetzes.

Können Sie das konkretisieren?

Gomm: Wenn man Organisationen zusammenlegt und versucht, die Effizienz zu steigern, dann geht man im allgemeinen davon aus, dass in Administration und Betrieben über alle Bereich hinweg Einsparungen von ca. zehn Prozent möglich sind. Das aber entspricht in etwa der Vorgabe, die sich die SoH jetzt für das Jahr 2012 selbst gegeben hat. Sie will ja in der Verwaltung 12 Prozent einsparen.

Ist eine solche Effizienzsteigerung realistisch - gerade wenn man bedenkt, dass die SoH auf sechs Standorte verteilt ist?

Gomm: Man kann erwarten, dass eine grössere Effizienzsteigerung als die bisherige möglich ist. Zumal die einzelnen Standorte zu Beginn der SoH-Gründung bereits zu Spitalregionen zusammengefasst waren. Dass das in den ersten drei Jahren nicht schon zehn Prozent sein können, ist auch mir klar. Einige Prozent hätten es aber durchaus sein können.

In den letzten drei Jahren ist aber genau das Gegenteil passiert...

Gomm: Es ist richtig, dass in den zentralen Diensten zusätzliche Stellen geschaffen worden sind.

Sie bestätigen damit den Vorwurf, dass im Zuge der SoH-Gründung ein Wasserkopf entstanden ist...

Gomm: Nein. Auf der Stufe Direktion und Administration sind zwar tatsächlich zusätzliche Stellen geschaffen worden. Im Gegenzug sind aber auch, vor allem in den kleineren Standorten, Stellen aufgehoben worden. Wie gesagt: Die Effizienzsteigerung gegenüber der alten Organisation ist noch nicht in dem Ausmass realisiert, wie das der Fall sein sollte.

Neue Spitalfinanzierung

Nach dem jetzigen System wird den Spitälern jeder Tag während des Spitalaufenthalts einzeln vergütet. Ab 2012 wird ein neues Finanzierungsmodell mit diagnose- und behandlungsabhängigen Fallpauschalen oder DRG (Diagnosis Related Groups) eingeführt: Die Versicherer und die öffentliche Hand bezahlen das Spital pro Behandlungsfall mit einem Pauschalpreis - unabhängig von der Aufenthaltsdauer des Patienten. Die Fallpauschale deckt Behandlung, Unterbringung, den administrativen Aufwand sowie die Infrastrukturkosten ab. (szr)

Um Kosten zu senken, verfolgt die Solothurner Spitäler AG langfristig die Strategie, nur noch mit zwei Spitalstandorten zu fahren, nämlich in Solothurn und Olten. Was halten Sie davon?

Gomm: Es ist Sache der SoH, Überlegungen anzustellen, ob sie mit der dezentralen Struktur in der Zeit ab 2012 funktionieren kann. Ursprünglich war vorgesehen, dass Grenchen ab 2020 ein Geriatriezentrum wird. Das wäre im Hinblick auf die demographische Entwicklung sicher eine sinnvolle Lösung. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die beiden Spitalstandorte Grenchen und Dornach genügend gross sind, um den qualitativen und wirtschaftlichen Anforderungen, die ab 2012 gelten, langfristig zu genügen.

Wie stellt sich die Regierung dazu?

Gomm: Wir werden offen dafür sein, wenn die soH zu einer anderen Strategie kommt, als der bisherigen und allfällige Lösungen aus politischer Sicht prüfen...

Eine Spital-Schliessung ist kein Tabu?

Gomm: Wir werden, wie gesagt, einen solchen Antrag der soH-Spitze prüfen. Ich gehe davon aus, dass auch Alternativen angeschaut werden müssen. Seit der Gründung der SoH spricht man im Übrigen nicht mehr von der Schliessung von Spitälern, sondern von einer Aufhebung von Spitalstandorten. Dafür ist letztlich der Kantonsrat zuständig. Sein Entscheid unterliegt dem fakultativen Referendum. Es gibt also nicht automatisch eine Volksabstimmung.

Welche Alternativen sehen Sie?

Gomm: Solche Fragen sind dann zu prüfen, wenn sie sich stellen. Die Umwandlung von Breitenbach in ein Demenzzentrum ist ein gutes Beispiel dafür.

Die soH will den Spitalstandort Allerheiligenberg per Ende 2011 aufheben. Das ist ein Politikum erster Güte...

Gomm: Die Bevölkerung wird, wenn sie dazu Stellung nehmen muss, einer Aufhebung positiver gegenüberstehen, als bei den letzten beiden Abstimmungen in den Jahren 1995 und 1999. Mein «Credo» ist es, verständlich zu machen, dass das medizinische Angebot nicht einfach wegbricht. Die medizinischen Leistungen des Allerheiligenberg etwa sollen vollständig ins Spital Olten integriert werden. Wir erwarten zu gegebener Zeit einen Antrag der Solothurner Spitäler AG für die Aufhebung des Standortes Allerheiligenberg. Darin muss die soH auch genau aufzeigen, was mit dem Angebot passiert. Auf dieser Basis wird die Regierung und dann der Kantonsrat eine Entscheidung fällen.