«Das Wohler Volk war noch nicht reif», «die Abstimmung war gar nicht zu gewinnen», «die konser-vativen Kräfte dominieren in unserer Gemeinde» – so äusserten sich die Stadtbefürworter auf die Frage, was zum Nein an der Urne führte.
Fabian Hägler
Es hatte etwas Symbolisches, dass der Regen am Sonntag genau um 17 Uhr einsetzte, als sich die Wohler Stadtbefürworter zur Abstimmungsbesprechung im Chappelehof trafen. Im Innenhof lagen die Blachen, mit denen die Städterinnen und Städter in den letzten Wochen für ihr Anliegen geworben hatten. «Natürlich bin ich enttäuscht, dass die Bevölkerung die Stadt abgelehnt hat», sagte Roger Waeber. Der Wohler CVP-Präsident bedauert, «dass der positive Drive der Imagekampagne nicht für ein Ja zur Stadt gereicht hat.»
Vielleicht seien die Wohlerinnen und Wohler noch nicht reif für die Stadtwerdung, meinte Waeber. In den letzten zwei, drei Wochen vor der Abstimmung hätten die negativen Stimmen zugenommen. «Ich bin aber ganz klar der Meinung, dass wir Befürworter genug gemacht haben», betonte Waeber. Und er relativierte: «Das Resultat ist eine Enttäuschung, aber keine Katastrophe. Wir werden Wohlen trotzdem weiterbringen.»
Von einem «Sonntag der verpassten Chance» sprach Gemeinderat Paul Huwiler. Er schätzte die Stadtfrage als Auseinandersetzung zwischen den fortschrittlichen und konservativen Kräften ein.
Konservative vs. Fortschrittliche
«Heute müssen wir feststellen: In Wohlen dominieren die Konservativen, gewisse Leute lassen sich nicht mobilisieren.» Huwiler merkte an, im Leitbild der Gemeinde Wohlen sei die Entwicklung zur Stadt festgehalten. «Ausser der SVP haben alle Parteien dem Leitbild zugestimmt. Aber wenn es an die Umsetzung geht, sind beim ersten konkreten Punkt schon wieder viele dagegen.»
Koni Gfeller, FDP-Politiker und Einwohnerratspräsident, war überrascht vom klaren Nein. «Ich habe auf ein Ja gehofft, oder allenfalls mit einer knappen Ablehnung gerechnet», sagte er. Mit der Stadterklärung hätte Wohlen «einen Sprung in eine andere, positive Richtung gemacht», sagte Gfeller. Im Nachhinein wäre es seiner Meinung nach vielleicht besser gewesen, «der Gemeinderat hätte Wohlen selber zur Stadt erklärt, das liegt nämlich in der Kompetenz der Behörde», blickte er zurück. Nun sei die Stadtidee «sicher für die nächsten zehn Jahre gestorben.»
Stadt Wohlen weiter verfolgen
Anderer Meinung ist bei diesem Punkt Gfellers Parteikollege Benno Kohli. «Die Stadt bleibt im Parteiprogramm, wir kämpfen weiter dafür», sagte er. Der örtliche FDP-Präsident meinte: «Die Abstimmung war nicht zu gewinnen, weil wir in Wohlen an einer Überalterung leiden.»
Der Bürger nehme selten Vorlagen an, «bei denen er keine konkreten Vorteile sieht», analysierte Kohli. Und er meinte: «Wahrscheinlich war die Diskussion zu kurz, man müsste die Stadtdebatte länger führen.»
Inzwischen hatten sich die Stadtbefürworter in die Kulturbeiz begeben, und dort kam doch noch kurz Jubel auf: Als im TV zu sehen war, wie Roger Federn seinen Matchball gegen Rafael Nadal verwandelte.