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Seelsorger aus dem Bistum Chur, zu dem auch Zürich gehört, fuhren am Sonntag aus Protest zum Sitz des Churer Bischofs. Doch dieser liess sich vertreten. Die Unterzeichnenden der «Pfarrei-Initiative» wollen vor allem die Kirche modernisieren.
Es war eine Wallfahrt mit politischem Charakter, die gestern um 16 Uhr in die prall gefüllte Kathedrale in Chur einzog. Neben zahlreichen Sympathisanten aus der ganzen Schweiz nahmen auch rund 20 der 60 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem Bistum Chur, zu dem auch Zürich gehört, teil, die die sogenannte «Pfarrei-Initiative» unterzeichnet hatten. Im Gepäck trugen sie Briefe an Bischof Vitus Huonder. Dieser hatte von den Unterzeichnern der Initiative gefordert, dass sie ihm «ihre Beweggründe» darlegen sollen.
Doch Huonder selber glänzte gestern in Chur durch Abwesenheit. An seiner Stelle nahm Generalvikar Martin Grichting die Briefe entgegen. Mit Grichting hat diese Aufgabe ausgerechnet einer der Hauptgegner der gemässigten und liberalen Katholiken übernommen. Er gilt als erzkonservativer Hardliner im Bistum. Huonder hatte 2010 versucht, Grichting zum Weihbischof zu ernennen. Doch es blieb damals bei der Absichtsbekundung; zu heftig war der Widerstand aus den Kantonalkirchen.
Mehr Verantwortung für Frauen
Die gestern nach Chur gereisten Unterzeichnenden der Initiative vertreten eine Reihe Forderungen mit dem Ziel, die Kirche zu modernisieren. So soll die Rolle der Frau gestärkt werden und auch Geschiedene sollen zur Kommunion zugelassen werden. Zudem will die Pfarrei-Initiative alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung in der Kirche willkommen heissen.
493 Personen haben die Initiative schweizweit bereits unterzeichnet. Unterstützt werden sie – zumindest ansatzweise – vom Abt des Klosters Einsiedeln, Martin Werlen. Es gebe «gemeinsame Anliegen», schrieb der Sprecher der Initiative, der in Sursee tätige Diakon Markus Heil, im Dezember nach einem Treffen mit Werlen.
Am Gottesdienst mitgewirkt hat auch der ehemalige Vorsteher des Kapuzinerordens, der Zürcher Priester Willi Anderau. Er glaubt, dass die Wallfahrt ein starkes Zeichen setze: «Wir zeigen den Leuten, dass sie nicht alleine sind», sagte Anderau am Rande der Kundgebung. «Bis jetzt geben sich viele von uns gegen aussen streng, heimlich sind wir barmherzig.» Mit dieser Wallfahrt würden er und andere Seelsorgende zeigen, dass der richtige Weg nicht hart an den Kirchengesetzen, sondern nah am Menschen vorbeiführe.