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Schweiz
Ein neu aufgetauchter Brief lässt die Frage aufkommen, ob CVP-Bundesrätin Doris Leuthard dem Postauto-Millionenbetrug scho 2011 hätte Leitplanken setzen können. Die alt Bundesrätin wehrt sich gegen die Vorwürfe. Sie seien Unsinn.
Wer hätte wann was wissen können? Und hätte sich dieser Betrug früher unterbinden lassen? Das ist die Frage beim Postauto-Skandal. Zur Erinnerung: Dutzende Millionen Franken Subventionen hatte sich Postauto unrechtmässig erschlichen. Die Post-Tochter vertuschte Gewinne, die sie laut Gesetz im subventionierten regionalen Personenverkehr gar nicht hätte machen dürfen. Am Ende musste Post-Chefin Susanne Ruoff gehen. Gegen mehrere Verantwortliche laufen Verwaltungsstrafverfahren.
Nun fragt die NZZ, ob die damals zuständige Bundesrätin Doris Leuthard nicht schon früher hätte handeln müssen. Der Zeitung liegt ein – allerdings weder unterzeichneter noch abgeschickter – Briefentwurf Leuthards an die Post vor. Laut diesem hat man in Leuthards Departement schon im Herbst 2011 von einem möglichen Zielkonflikt Kenntnis gehabt: Denn zwar durfte Postauto im subventionierten Bereich keine Gewinne machen. Gleichzeitig aber gaben die strategischen Ziele des Bundes der Post vor, dass sie als Konzern Gewinn machen muss.
Offenbar machte man sich damals im Departement der CVP-Politikerin Gedanken, die strategischen Vorgaben an die Post anzupassen. Letztlich wurde aber doch nicht gehandelt. Die Frage, die sich nun stellt: Hätten die Betrügereien gestoppt werden können, wenn das Gewinnverbot nicht nur im Gesetz gestanden hätte, sondern der Bund dieses zusätzlich auch noch in den strategischen Zielen für die Post festgeschrieben hätte?
Alt Bundesrätin Doris Leuthard scheint, gelinde gesagt, enerviert darüber, dass solche Vorwürfe nun auftauchen. Die Aargauerin wehrt sich energisch:
Ich weiss nichts von diesem angeblichen Brief und er ist nicht bei den Akten»,
sagt sie auf Anfrage der CH Media-Zeitungen. Es müsse sich offenbar um den Entwurf eines Mitarbeiters handeln. Sie betont: Hätten man departementsintern von den Machenschaften bei Postauto gewusst, «hätten wir das sicher nicht geduldet und sofort gehandelt.» Sie glaube auch nicht, «dass wir hätten davon ausgehen müssen, dass Postauto Falschbuchungen macht.»
Leuthard weist zudem darauf hin, dass das Bundesamt für Verkehr selbst die Machenschaften aufgedeckt habe. Dass nun weitere Dokumente ans Licht gelangen, dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass sich die Verwaltungsstrafverfahren, die das Bundesamt für Polizei gegen einzelne Akteure führt, dem Ende zuneigen dürften.
Allerdings war schon vor diesem nun aufgetauchten Brief klar, dass im Departement Leuthard Gedanken zum Zielkonflikt gewälzt wurden. Dies hatte Leuthard selbst der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK) gesagt, die die Postauto-Betrügereien untersuchte. Die GPK rügte gar die Behörden, weil sie sich nicht genügend mit der entsprechenden Frage befasst hätten. Damals wie heute stellt sich Leuthard jedoch auf den Punkt, dass es keinen Zielkonflikt gegeben habe: Es sei immer klar gewesen, dass die Post als Konzern Gewinne machen solle. Dass dies nicht auf den subventionierten Strecken der Fall sein soll, sei ebenso klar gewesen, stehe dies doch im Gesetz. Auch wurden die Verantwortlichen 2012 vom Departement darauf aufmerksam gemacht. Leuthard:
Wenn das Gesetz und die schriftliche und mündliche Erörterung des Gesetzesartikels nichts am Verhalten von Postauto geändert haben, was sollte dann eine Wiederholung des Gesetzesartikels in den Vorgaben ändern?