Corona-Virus
Polizei kontrolliert Abstände und löst Gruppen ab 15 Personen auf

Zahl der Infektionen steigt weiter, vor allem im Tessin. Um die Notstandsregeln durchzusetzen, setzen die Polizisten auf Gespräche.

Christoph Bernet
Drucken
(Symbolbild)

(Symbolbild)

KEYSTONE/TI-PRESS/BENEDETTO GALLI

In der Schweiz breitet sich das Corona-Virus weiter aus. Am Donnerstag vermeldete das Bundesamt für Gesundheit 3438 positiv getestete Fälle.

Der Druck aufs Gesundheitswesen wächst, im Tessin ist die Lage nach Angaben des Bundes bereits «dramatisch»: Der Südkanton ist mit 143,2 Fällen pro 100'000 Einwohnern am stärksten betroffen, wie diese Grafik zeigt:

Anzahl der Corona-Virus-Fälle nach Kanton, Stand 18. März 2020

Anzahl der Corona-Virus-Fälle nach Kanton, Stand 18. März 2020

CH Media

Mit drastischen Massnahmen zur Einschränkung des öffentliche Lebens versucht der Bundesrat, die Verbreitung der Krankheit zu verlangsamen. Möglich, dass er am Freitag noch einen Schritt weitergeht und eine Ausgangssperre verhängt – der Kanton Uri hat diese Massnahme am Donnerstag für über 65-Jährige erlassen.

Bereits jetzt müssen die kantonalen Behörden für die Umsetzung der seit Montagnacht geltenden Verordnung der Landesregierung sorgen: Bars, Restaurants, Coiffeursalons und die meisten Geschäfte müssen geschlossen bleiben. Veranstaltungen sind untersagt.

In den Kantonen zieht man drei Tage nach Inkrafttreten der Verordnung eine gemischte Bilanz, wie eine Umfrage von CH Media bei den kantonalen Polizeikorps zeigt. «Gemäss den Feststellungen unserer Beamten hält sich die Bevölkerung im grossen Ganzen gut an die Verordnung des Bundesrates», heisst es beispielsweise in Zürich. In Basel-Stadt stellt man fest, «dass sich die Bevölkerung zunehmend an die Vorgaben hält».

Sorgen bereiten den Polizeikorps vor allem, dass sich im Freien weiterhin grössere Menschengruppen treffen ohne die Abstandsregeln einzuhalten. Ein Sprecher der Kantonspolizei Luzern etwa zählt verschiedene Standorte in der Stadt Luzern auf, an denen sich «viele Personen nicht an die Verordnung halten und insbesondere das Social Distancing missachten».

Die Polizei habe am Mittwoch «etliche Personen, darunter auch Familien und ältere Menschen» angesprochen und auf die Thematik zu sensibilisieren versucht: «Kaum jemand hat sich dafür interessiert, geschweige denn seine Verhaltensweise geändert.» Ähnliches wird aus Basel-Landschaft berichtet: «Für uns ist es unverständlich, dass es immer noch Personen gibt, welche sich nicht an die vom Bund und Kanton verordneten Massnahmen halten», so ein Polizeisprecher.

Der Kanton Tessin hat einen speziellen Dienst geschaffen, der «eine verstärkte und strenge Kontrolle» und den direkten Kontakt zu jenen Personen sicherstellen soll, welche die Bestimmungen missachteten.

Polizeieinsatz auf Fussballplätzen und Pumptracks

Zur Durchsetzung der behördlichen Massnahmen setzen die Polizeikorps laut eigenen Angaben zunächst alle auf das Gespräch und den gesunden Menschenverstand.

Die Notwendigkeit zu einer Intervention bei Personenansammlungen im Freien sehen die meisten Behörden ab einer Gruppengrösse von 15 Personen, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten: «Gruppen mit mehr als 15 Personen werden wir künftig anweisen, sich aufzulösen», teilt die Kantonspolizei St.Gallen mit.

In Solothurn geht man gleich vor: Auf Fussballplätzen und Pumptracks musste die Polizei Gruppenansammlungen auflösen und zum Teil die Areale absperren, so ein Sprecher.

Unklarheiten bei Take-aways und Mischwarenläden

Einzelne betroffene Unternehmen sind unsicher über die korrekte Umsetzung der Massnahmen. Offene Fragen konnten fast überall einvernehmlich geklärt werden: «In Einzelfällen mussten in den Betrieben Anpassungen vorgenommen werden, beispielsweise in einem Lebensmittelgeschäft ein Kleiderständer entfernt, der Blumenverkauf gestoppt oder in einem Take-away-Restaurant die Sitzplätze abgesperrt werden», heisst es in Luzern.

Eine detaillierte Auswertung der Verstösse gegen die bundesrätliche Verordnung liegt noch nicht vor. In den allermeisten Kantonen wurden noch keine Anzeigen eröffnet, in anderen nicht mehr als eine Handvoll. Am fleissigsten war die St.Galler Polizei, die rund 60 Interventionen durchführte, die jedoch alle einvernehmlich und ohne Anzeige durchgeführt werden konnten.