Schweiz
Poesie von rechts kommt schlecht an: Gedicht von FDP-Caroni angefeindet, CVP-Gmür jubelte man noch zu

Inspiriert von Andrea Gmür, versuchte sich FDP-Mann Andrea Caroni im Ständerat als Dichter. Doch während die CVP-Nationalrätin bei der Frauenquoten-Debatte noch auf grosses Wohlwollen stiess, mochte bei Caroni plötzlich niemand mehr lachen.

Roger Braun
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Der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni spricht im Ständerat.

Der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni spricht im Ständerat.

CH Media

Es ist ein Duell der anderen Art. Bei der Debatte um Geschlechterrichtwerte bei grossen börsenkotierten Unternehmen versuchen es beide Seiten mit Poesie.

Den Anfang machte die Luzerner CVP-Nationalrätin Andrea Gmür. «Für rote Köpfe und fast Tote sorgt ein Wort: die Frauenquote», reimte sie vor rund einem Jahr im Nationalrat. Und weiter:

Gemischte Teams sind effizienter,agiler, klüger, intelligenter,tun der Wirtschaft wirklich gut,brauchen nicht mal sehr viel Mut.

Gmürs rhetorischer Kunstgriff zahlte sich aus. Nicht nur löste sie grosse Heiterkeit im Parlament aus und heimste viele Komplimente ein. Auch folgte ihr der Nationalrat und sprach sich für die Geschlechterrichtwerte aus.

In den Verwaltungsräten müsste demnach jedes Geschlecht zu mindestens 30 Prozent vertreten sein; bei den Geschäftsleitungen wären es 20 Prozent. Unternehmen, welche die Quote nicht erreichen, müssten im Vergütungsbericht darlegen, wie sie diese Untervertretung in naher Zukunft korrigieren wollen.

Caroni lässt sich von Gmür inspirieren

Am Mittwoch war die Reihe am Ständerat. Die vorberatende Kommission wollte die Geschlechterrichtwerte für die Geschäftsleitung aus dem Gesetz streichen. Doch nach dem kraftvollen Frauenstreik am Wochenende war allen klar: Die Gegner der Quote sind in Rücklage.

Der Ausserrhoder FDP-Ständerat und Quoten-Gegner Andrea Caroni versuchte es dennoch, und griff zum Erfolgsrezept von Gmür: dem Gedicht. Er müsse ihr «widersprechen», reimte Caroni. Denn er könnte sich «von Quoten nichts versprechen». Und weiter:

Man verstehe mich ja richtig: Wirtschaftsfrauen sind sehr wichtig, aber in privaten Fragen soll man nicht den Staate fragen. Statt mit Zwang hier dreinzulenken, lasst die Leute selber denken.

Trotz dem Ausflug in lyrische Gefilde: Nur wenige stimmten mit Caroni. Mit 27 zu 13 folgte der Ständerat dem Nationalrat und befürwortete damit Geschlechterrichtwerte nicht nur für den Verwaltungsrat sondern auch für die Geschäftsleitung.

Komik im Ratssaal ist hochpolitisch

Im Unterschied zu Gmür blieb auch das Amüsement im Ratssaal aus. Lachten die Parlamentarier bei Gmür noch an mehreren Stellen und quittierten das Gedicht mit grossem Beifall, blieb es bei Caroni still.

Extremer gar: Caroni wurde aufgrund seines Gedichts angefeindet. Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch, der gleich nach Caroni sprach, sagte:

Ich bin der Meinung, dass wir über ein relativ ernstes Thema sprechen und es auch nicht unbedingt notwendig ist, hier jetzt lustige Reime zu machen.

SP-Präsident Christian Levrat sagte, er habe keine Lust, «schlecht zu reimen». Caronis Rückgriff auf die Lyrik sei vor allem ein Versuch, seine politischen Ziele zu verbergen, die in Prosa viel offener zu Tage träten.

Wenig belustigt gab sich auch die Thurgauer CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller:

Herr Caroni, es gibt Situationen, da sind Gedichte unterhaltsam und auch lustig. Im Zusammenhang mit dieser Diskussion kann ich ihnen nicht viel abgewinnen.

Die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz fühlte sich zu einer spitzen Analogie veranlasst, die wiederum für Heiterkeit im Rat sorgte:

Das Gedicht hat mich ein bisschen an die berühmten Blumensträusse erinnert, die gewisse Männer ihren Frauen nach Hause bringen, wenn sie eigentlich ein schlechtes Gewissen haben.

Caroni beklagt Ungleichbehandlung

Caroni gab sich nach der Debatte leicht verschnupft. In einem Tweet wunderte er sich über die ungleiche Behandlung seines Gedichts und jenes von Gmür.

Immerhin: Gmür bedachte den Tweet von Caroni mit einem Like.