Bundesrat
Oligarchen-Connection: Möglicher Kandidat vertritt Kasachen-Clan, der mit Trump geschäftete

Der Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher überlegt sich eine neuerliche Kandidatur als Bundesrat. Doch seit seiner Niederlage gegen Didier Burkhalter 2009 taucht der Name des Wirtschaftsanwalts wiederholt im Zusammenhang mit Potentaten und Oligarchen auf, die ihre Millionen- oder Milliardenvermögen in der Schweiz und in Genf parkiert haben.

Henry Habegger
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Möglicher Bundesratskandidat Christian Lüscher (FDP, GE).

Möglicher Bundesratskandidat Christian Lüscher (FDP, GE).

Keystone

2009 unterlag er gegen Didier Burkhalter. Jetzt überlegt sich der Genfer FDP-Nationalrat Christian Lüscher (53) eine neuerliche Kandidatur als Bundesrat. «Ich bin sehr geehrt, dass man sich vorstellen kann, ich könnte Kandidat sein», sagte er kürzlich am Westschweizer Fernsehen.

2009 – er war erst zwei Jahre im Nationalrat – galt Lüscher als leichtgewichtiger Kandidat. Er hatte eine laute Affäre mit Lolita Morena hinter sich, der Miss Schweiz von 1982 und Ex-Frau von Fussballer Lothar Matthäus. Jetzt fühlt sich Lüscher gereift. «Ich machte mir 2009 wenig Illusionen.»

Nun sehe es besser aus: «Natürlich habe ich heute mehr Glaubwürdigkeit.»
Das sehen allerdings nicht alle so. Seit 2009 tauchte der Name des Wirtschaftsanwalts wiederholt im Zusammenhang mit Potentaten und Oligarchen auf, die ihre Millionen- oder Milliardenvermögen in der Schweiz und in Genf parkiert haben.

Derzeit ist es der kasachische Oligarch Viktor Khrapunov, der eine Bundesratskandidatur Lüscher besonders belasten könnte. Lüscher war – und ist vermutlich noch – Anwalt von Khrapunov, der in Genf lebt und in der Schweiz ein Asylgesuch hängig hat.

Viktor Khrapunov.

Viktor Khrapunov.

HO

Trump-Tower in Manhattan

Khrapunov stellt sich als Verfolgter des kasachischen Regimes von Präsident Nursultan Nasarbajew dar. Im letzten Oktober aber titelte die «Financial Times»: «Schmutziges Geld: Trump und die Kasachstan-Connection». Diese Connection besteht gemäss der Zeitung darin, dass der in der Schweiz sitzende Khrapunov-Clan «Luxus-Appartemente in einem Tower in Manhattan kaufte, der zum Teil Trump gehört».

Die Khrapunovs, neben dem Vater auch Sohn Ilyas und Tochter Elvira, sollen über Briefkastenfirmen Luxuswohnungen im 450 Millionen Dollar teuren Wolkenkratzer «Trump Soho» in Manhattan erstanden haben, um Geld zu waschen.

Gemäss dem kasachischen Regime sollen Khrapunov und seine Frau mehrere hundert Millionen veruntreut haben, bevor sie sich 2007 nach Genf absetzten. Khrapunov war einst Energieminister und Bürgermeister der Stadt Almaty.

Er ist familiär und geschäftlich verbandelt mit einem anderen Oligarchen, Muchtar Ablyazov, auch er war lange ein Günstling von Nasarbajew, soll sich dann aber mit einer Milliardensumme aus dem Staub gemacht haben.

Christian Lüscher will derzeit nicht sagen, ob er noch Khrapunovs Anwalt ist. Er werde solche Fragen nur beantworten, falls er wirklich Kandidat sei, teilte er der «Nordwestschweiz» mit. «Im Übrigen bin ich an das Berufsgeheimnis gebunden, sogar bei einer Wahl.»

Er verteidigt sich aber schon mal vorsorglich: «Glücklicherweise gibt es in der Schweiz noch Parlamentarier, die einen Beruf ausüben und die sich über die Folgen der Gesetze bewusst sind, denen sie zustimmen.»

Laut Henri Della Casa, Sprecher der Genfer Staatsanwaltschaft, laufen in Sachen Khrapunov in Genf ein internationales Rechtshilfeverfahren sowie ein Verfahren wegen Geldwäscherei. Die Ukraine hat in der Schweiz ein Auslieferungsgesuch für Ilyas Khrapunov gestellt, der kürzlich die Staatsbürgerschaft eines karibischen Inselstaats (Grenadinen) käuflich erworben hat. Khrapunov junior soll gemäss ukrainischer Justiz Hackerangriffe in Auftrag gegeben haben.

Das gehackte Material fand 2015 auch Niederschlag in der Schweiz: Etwa der Mailwechsel zum Kasachstan-Vorstoss, der FDP-Nationalrätin Christa Markwalder in die Bredouille brachte. Die Khrapunovs zettelten erfolgreich ein mediales Kesseltreiben gegen die Bernerin an.

Trotz allem ist der Oligarchen-Clan weiterhin gut verankert in Genf; FDP-Nationalrat Lüscher ist diesbezüglich in guter Gesellschaft. Ilyas Khrapunov, Ehemann einer Ablyazov-Tochter, ist Mitglied der CVP, er hat diverse CVP-Politiker finanziell unterstützt, wie der Clan bestätigte. Die Khrapunovs verfügten in den letzten Jahren über eine Reihe von Firmen und Immobilien vorab in Genf. Die Villa, in der Sohn Ilyas seit längerem Wohnsitz hat, gehört laut Grundbuch dem Spross einer bekannten Genfer Privatbankerdynastie.

Ob Lüscher als Bundesrat kandidiert, wird sich bis zum 4. August zeigen, wie er angibt. Dann läuft die Meldefrist der kantonalen FDP ab.

Khrapunovs Kommunikationsberater war nicht zu erreichen. Die Khrapunovs bestreiten alle gegen sie erhobenen Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.