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Schweiz
Vier Kantone wurden bis heute von keiner einzigen Politikerin im Bundesparlament vertreten. Wo es bei den Wahlen im Herbst endlich klappen könnte – und wo die Sitze weiterhin in Männerhand bleiben dürften.
Zum Beispiel Josi Meier. Oder Lilian Uchtenhagen. Oder Lise Girardin. Sie und acht weitere Frauen wurden im Herbst 1971 auf Anhieb ins Bundesparlament gewählt, nachdem die Schweiz endlich das Stimm- und Wahlrecht für Frauen auf nationaler Ebene eingeführt hatte.
Seit diesem Jahr sind die Pionierinnen in den Ratssälen verewigt. Ihre Namen wurden auf ihren ehemaligen Pulten eingraviert. Auf den Schildern finden sich auch Angaben zur Amtszeit der ersten Parlamentarierinnen – sie erinnern unweigerlich daran, wie lange es gedauert hat, bis auch Frauen im Bundeshaus mitreden durften. Erst seit 48 Jahren können sie in der Schweiz wählen, abstimmen und für politische Ämter kandidieren.
Doch noch immer gibt es Kantone, die bisher keine einzige Politikerin ins Bundesparlament geschickt haben. Das zeigte im Winter eine Auswertung dieser Zeitung, basierend auf Daten des Bundesamts für Statistik und der Kantone.
Die grösste Männerbastion ist der Kanton Zug. Seine fünfköpfige Bundeshaus-Deputation war und ist rein männlich. Bei null liegt der Frauenanteil zudem in den Halbkantonen Appenzell Innerrhoden und Obwalden mit jeweils einem Sitz in beiden Kammern sowie in Glarus mit zwei Sitzen im Ständerat und einem im Nationalrat.
Wird im Oktober auch in diesen vier Kantonen erstmals eine Frau ins Bundeshaus einziehen? So präsentiert sich die Ausgangslage:
Seit 1971 hätten die Zugerinnen und Zuger schon 54 Mal die Möglichkeit gehabt, einen Parlamentssitz mit einer Politikerin zu besetzen. Nie taten sie es. Diesmal könnte es soweit sein. Im Kanton Zug treten CVP-Präsident Gerhard Pfister und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wieder an, die beiden Schwergewichte dürften ihre Sitze in der grossen Kammer mühelos verteidigen. Ihr FDP-Ratskollege Bruno Pezzatti zieht sich zurück. Um den dritten Zuger Nationalratssitz wird es einen harten Kampf geben.
Dass die FDP ihren Sitz hält, ist ebenso denkbar wie ein Zugewinn des linken Lagers. Auf der Liste der Alternativ-Grünen (ALG) sind zwei Politikerinnen die Favoritinnen: die frühere Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard (ALG) und die Zuger CSP-Stadträtin Vroni Straub. Die Freisinnigen wollen mit zwei Listen antreten, auf beiden sollen mindestens zur Hälfte weibliche Kandidatinnen stehen. Hoch gehandelt wird etwa Karen Umbach, die Fraktionschefin der FDP im Zuger Kantonsrat. Zugpferd der Sozialdemokraten, die gleich mit sechs Listen in den Nationalratswahlkampf ziehen, ist die Diplomatin Christina Bürgi Dellsperger.
Anders sieht es bei der kleinen Kammer aus. Der bisherige CVP-Ständerat Peter Hegglin tritt wieder an, den Sitz des abtretenden FDP-Mannes Joachim Eder werden SVP-Regierungsrat Heinz Tännler und sein früherer FDP-Kollege Matthias Michel unter sich ausmachen.
Seinen neuen Ständerat hat Appenzell Innerrhoden schon Ende April gewählt. Die Landsgemeinde entschied sich mit deutlichem Mehr für den bisherigen Landammann und Nationalrat Daniel Fässler. Der CVP-Mann tritt die Nachfolge des zurückgetretenen Ivo Bischofberger an. Wer den Innerrhoder Nationalratssitz übernimmt, wird sich erst am 20. Oktober zeigen. Der Kanton verzichtete auf eine Zwischenwahl.
Offiziell hat sich bisher noch niemand auf eine Kandidatur festgelegt. Seit 1906 besetzen die CVP und ihre Vorgängerparteien den einzigen Nationalratssitz. Bekommt Innerrhoden nun erstmals eine Bundesparlamentarierin? Die prominenteste Politikerin des Kantons ist CVP-Regierungsrätin Antonia Fässler (entfernt verwandt mit Daniel Fässler). Von Radio SRF auf eine mögliche Kandidatur angesprochen, wollte sie sich noch nicht äussern.
Spannend wird es auch in Obwalden – wobei die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die beiden Sitze im Bundesparlament weiterhin von Männern besetzt werden. CVP-Ständerat Erich Ettlin tritt im Herbst wieder an, er dürfte seinen Sitz auf sicher haben. Interessanter wird das Ringen um die Nachfolge von CSP-Mann Karl Vogler, der den einzigen Obwaldner Nationalratssitz innehat und nicht mehr antreten wird.
Die CSP hat bereits erklärt, dass sie keinen Kandidaten ins Rennen schicken wird. Die CVP stellt wegen ihres Ständeratssitzes keinen Anspruch auf den Nationalratssitz, könnte aber trotzdem zum Zug kommen: Ein Komitee portiert den Juristen und Winzer Peter Krummenacher, der seit Jahren CVP-Mitglied ist. Für die FDP steigt der frühere Gemeindepolitiker Marco De Col ins Rennen. Die SVP erhebt Anspruch auf den Sitz, nennt aber noch keine Kandidaten. Derweil verzichtet die SP.
Ganz in Männerhand bleiben wahrscheinlich die drei Glarner Sitze in Bern. Alle bisherigen Vertreter treten wieder an. Das sind die beiden Ständeräte Thomas Hefti von der FDP und Werner Hösli von der FDP sowie Nationalrat Martin Landolt von der BDP. Der Nationalratssitz war zuletzt allerdings hart umkämpft; 2015 verpasste SP-Kandidat Jacques Marti die Wahl nur um 700 Stimmen. Ob das linke Lager wieder eine Gegenkandidatur lanciert, ist noch nicht bekannt.