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Schweiz
Der zunehmend isolierte Bundesanwalt Michael Lauber bekämpfte einen Bericht des Parlaments, der ihm schlechte Noten ausstellt.
Am Mittwoch um 13.29 Uhr erschien Michael Lauber, Bundesanwalt, aus einem Seiteneingang kommend, unten in der grossen Eingangshalle im Bundeshaus. Bei den Drei Eidgenossen bog er ab und stieg die Treppe in Richtung Nationalratssaal hoch und verschwand im Saal, in dem die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) von National- und Ständerat tagten. Unterwegs grüsste er den Journalisten freundlich, wenn auch mit einem etwas gequälten Lächeln.
Rund zehn Minuten später, um 13.41 Uhr, war Laubers Auftritt vor dem Parlament schon wieder vorbei. Die Mission war offensichtlich nicht erfolgreich. Beim Verlassen des Nationalratssaals wirkte er enerviert, er fuchtelte mit einer Hand und redete, seine schwarze Mappe in der anderen, auf eine Weibelin ein.
Im Unterschied zu früher war Lauber allein unterwegs, weder Polizeischutz war zu sehen noch ein Begleiter aus der Bundesanwaltschaft. Es ist ganz offensichtlich einsam geworden um den Bundesanwalt, der nach seiner Kurzvisite vor der GPK keine Frage beantworten wollte.
Der Grund für Laubers Auftritt war der Inspektionsbericht, den die GPK diskutierte und danach verabschieden wollte. Womöglich versuchte der Bundesanwalt, die Publikation des Berichts zu verhindern oder zu verzögern, was allerdings als aussichtslos galt.
Wann die Kommission über ihre heutige Sitzung orientieren wird, ist derzeit noch unklar.
Dieser GPK-Bericht, der das zerrüttete Verhältnis zwischen Lauber und seiner Aufsichtsbehörde AB-BA unter die Lupe nimmt, fällt dem Vernehmen nach für den Bundesanwalt vernichtend aus. Sein selbstbewusstes bis selbstherrliches Amtsverständnis stösst auf wenig Verständnis. Der AB-BA unter dem früheren Zuger Regierungsrat Hanspeter Uster, der die Aufsichtsschraube gegenüber Lauber anzog, wird ein über alles gesehen gutes Zeugnis ausgestellt.
Lauber hatte die GPK in den vergangenen Wochen mit langen Briefen eingedeckt, er hatte alles versucht, um den Bericht zu entschärfen und Zeit zu gewinnen bei der Veröffentlichung. Seine Strategie war laut Insidern: Er wollte die laufenden Prozeduren koppeln und verbinden – den GPK-Bericht, das von der Gerichtskommission eingeleitete Amtsenthebungsverfahren und das vor Bundesverwaltungsgericht hängige Disziplinarverfahren. Das würde bedeuten, dass dem Parlament noch monate-, wenn nicht jahrelang die Hände gebunden wären. Weil das Gerichtsverfahren, das Lauber gegen seine Aufsichtsbehörde angestrengt hat, das Tempo vorgeben würde. Und dieses Verfahren kann gut gerne bis Ende nächsten Jahres dauern, hat Lauber doch die Möglichkeit, bis vor Bundesgericht zu gehen.
Der Bericht der GPK gibt im wesentlichen der Aufsichtsbehörde unter dem früheren Zuger Regierungsrat Hanspeter Uster recht. Unter seiner Ägide zog die AB-BA die Schraube an und wurde viel strenger. Usters Vorgänger, SP-Bundesrichter Niklaus Oberholzer, hatte Lauber noch weitgehend gewähren lassen und ihn auch gegenüber Medien immer wieder in Schutz genommen. Den Kurswechsel wollte Lauber nicht akzeptieren.
«Lauber kann nicht akzeptieren, dass jemand eine Sache anders sieht als er», sagt ein Mitglied des Bundesparlaments.
Im Bundesparlament, das ihn im letzten September noch knapp wiederwählte, hat Lauber mittlerweile fast allen Kredit verloren. Nur noch wenige Leute – einige Bankenvertreter und Wirtschaftsanwälte - halten ihm offenbar noch halbwegs die Stange.
Derzeit laufen mehrere Verfahren im Lauber-Zusammenhang:
Die Geschäftsprüfungskommission befasste sich am Mittwoch auch mit dem Sittenzerfall am Bundesstrafgericht und dem dazugehörigen Aufsichtsbericht, den das Bundesgericht verfasst hatte. Dieser Bericht ist umstritten, weil einseitig und weil Betroffenen ganz offensichtlich das rechtliche Gehör nicht gewährt wurde. Bundesgerichtspräsident Ueli Meyer (SP), unter dessen Leitung die Untersuchung durchgeführt wurde, fiel durch sexistische Sprüche über eine Bundesstrafrichterin negativ auf.