Härtefallklausel
Nach Zahlen-Wirrwarr: 646 kriminelle Ausländer ausgeschafft – Arbeitsgruppe eingesetzt

Nach der Kontroverse um eine Statistik über die Ausschaffung krimineller Ausländer ruft der Bund eine Arbeitsgruppe ins Leben. Damit sollen Missverständnisse darüber ausgeräumt werden, wie oft die Härtefallklausel effektiv angewendet wurde.

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Ausländer werden ausgeschafft. (Symbolbild)

Ausländer werden ausgeschafft. (Symbolbild)

KEYSTONE/MARTIN RUETSCHI

Die Arbeitsgruppe bestehend aus Mitgliedern des Bundesamtes für Justiz und des Bundesamtes für Statistik (BFS) wird sich mit der Praxis bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben befassen. Ziel soll es sein, mit der Statistik die Praxis der Richter abzubilden, wie es in der am Mittwochabend veröffentlichten Mitteilung des BFS heisst.

Auslöser war die Publikation einer BFS-Statistik zu Wochenbeginn. Darin hiess es, im letzten Jahr seien 1210 Urteile identifiziert worden, bei denen nach aktueller Gesetzeslage eine obligatorische Landesverweisung in Frage gekommen sei. In 54 Prozent dieser Fälle sei eine Landesverweisung ausgesprochen worden.

Die SVP reagierte umgehend und kritisierte, die sogenannte Härtefallklausel käme viel zu oft zur Anwendung. Auch die Justizbehörden mehrerer Kantone konnten die Zahlen nicht nachvollziehen. Mehrere Schweizer Medien berichteten darüber.

Am Mittwochmorgen präzisierte das BFS, die zuvor publizierten Daten hätten auf einer wörtlichen Interpretation des betreffenden Artikels im Strafgesetzbuch basiert. Dabei seien alle Betrugsdelikte berücksichtigt worden, argumentierte das Amt.

Nicht mehr alle Betrugsfälle erfasst

Gemäss Interpretation des Bundesrates gilt aber für einfache Betrugsfälle eine obligatorische Landesverweisung nur, wenn sie bei der Sozialhilfe, den Sozialversicherungen oder den öffentlich-rechtlichen Abgaben begangen wurden.

Die neue Berechnung des BFS umfasste darauf 933 Verurteilungen, bei denen nach aktueller Gesetzeslage eine obligatorische Landesverweisung in Frage kam. In 646 Fällen - 69 Prozent - wurde eine Landesverweisung ausgesprochen. Die Härtefallklausel kam in 287 Fällen oder 31 Prozent zur Anwendung.

Das BFS erklärte am Mittwochabend, die Medienmitteilung vom Montag werde zurückgezogen, um Missverständnisse auszuräumen, obwohl die publizierten statistischen Daten korrekt seien.

SSK: Härtefallklausel "die Ausnahme"

Anders sieht dies die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz (SSK). Auch die neuen Zahlen würden die tatsächliche Situation nicht widerspiegeln, hält sie in einem Communiqué fest.

Unter anderem würden Entscheide, welche eine Ausschaffung fordern, häufiger bei den kantonalen Gerichten und beim Bundesgericht angefochten und deshalb noch nicht in das Strafregister eingetragen. Hunderte von Fällen, die Straftaten vom Jahr 2017 betreffen, seien bei den Gerichten noch hängig.

Die SSK habe von den Staatsanwaltschaften mehrerer Kantone die Zahlen zusammengetragen, um die Anzahl der Strafbefehle mit angewendeter Härtefallklausel zu ermitteln. Es zeige sich dass die Staatsanwaltschaften das Gesetz ernst nähmen. Die Härtefallklausel stelle eine Ausnahme dar.