Steuer-Streit
Nach Nein zur Bratwurst-Initiative: Mehrwertsteuer bald einheitlich?

Die FDP hat einen Plan. Sie will eine Motion für einen einheitlichen Satz einreichen. Die Bildung und Grundnahrungsmittel sollen aber von der Mehrwertsteuer ganz befreit werden.

Doris Kleck
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s bleibt bei acht Prozent auf der Rechnung: Ein Kaffee im Restaurant wird auch künftig zu diesem Satz besteuert.

s bleibt bei acht Prozent auf der Rechnung: Ein Kaffee im Restaurant wird auch künftig zu diesem Satz besteuert.

Keystone

Ein derart wuchtiges Nein hatte niemand erwartet: 71,5 Prozent der Stimmberechtigten lehnten die Mehrwertsteuer-Initiative von Gastro Suisse ab. Selbst in den Tourismuskantonen hatte das Begehren, welches für Take-aways und Restaurants denselben Mehrwertsteuersatz forderte, keine Chance. Gastro-Suisse-Vizepräsident Heinz Bachmann sprach unumwunden von einer «Flättere» und anerkannte neidlos, dass die Gegenkampagne bei den Stimmbürgern gut verfangen hat – auch wenn er der Finanzministerin vorwarf, mit unwahren Argumenten gekämpft zu haben.

Diesen Vorwurf liess man sich auf Siegerseite nicht gefallen. Vertreter von FDP, SP, GLP und vom Detailhandel waren sich einig, dass das Volk durchschaut habe, dass es bei der Initiative um reine Sonderinteressen ging. «Die Konsumenten waren nicht bereit, die Zeche für eine Branche zu bezahlen, die in Schwierigkeiten steckt», sagte Nationalrätin und Konsumentenschützerin Prisca Birrer-Heimo (SP/LU).

Gewerbeverband unterstützt FDP

Allerdings: Die Sieger sind sich uneins, was das Abstimmungsresultat für die künftigen Diskussionen um die Ausgestaltung der Mehrwertsteuer bedeutet. Migros-Lobbyist Martin Schläpfer wertet das Ergebnis als «Sieg des reduzieren Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel» und damit als Absage an einen Einheitssatz. Bei der FDP hingegen anerkennt man, dass das aktuelle System Ungerechtigkeiten schafft – und will das Projekt Einheitssteuersatz weiterverfolgen.

Unklar ist allerdings, auf welchem Weg der Freisinn das Ziel erreichen will. Gemäss Nationalrat Ruedi Noser (FDP/ZH) wird die FDP in der Wintersession eine Motion für einen einheitlichen Satz einreichen. Um eine politische Mehrheit zu finden, sollen die Bildung und die Grundnahrungsmittel überhaupt nicht mehr besteuert werden. FDP-Präsident Philipp Müller sagte am Sonntag im Schweizer Fernsehen, er habe ein fertiges Initiativprojekt in der Schublade. Seiner Ansicht nach ist der parlamentarische Weg ausgeschöpft: wenn, dann müsse das Volk über den Einheitssatz befinden.

Egal, welchen Weg die FDP schliesslich einschlagen wird: Der Vorstand des schweizerischen Gewerbeverbandes unterstützt die FDP in ihrem Vorhaben. Es handelt sich dabei um einen Grundsatzentscheid – das Projekt wurde nicht im Detail diskutiert, wie Gewerbedirektor Hans-Ulrich Bigler sagt. Für den Gewerbeverband ist zentral, dass die Grundnahrungsmittel ausgenommen werden, aber ansonsten möglichst wenige der heute 24 Ausnahmen bestehen bleiben. Bigler spricht von einem Mehrwertsteuersatz von 5 Prozent.

Dass die Diskussion um den Einheitssteuersatz wieder ins Rollen kommt, ist ganz im Sinne von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie betonte vor den Medien, dass ein Einheitssatz das richtige Modell sei. Doch der Anstoss müsse aus dem Parlament kommen: «Ich bin überzeugt, dass die Diskussion über den Mehrwertsteuer-Satz noch nicht zu Ende ist», sagte Widmer-Schlumpf.

Für Gastro Suisse steht nicht der Einheitssatz im Zentrum, aufgeben will man aber nicht. Der Verband teilte mit, dass man eine Lösung finden will, wenn der befristete Sondersatz für die Hotellerie wieder auf die politische Agenda kommt. Dieser läuft 2017 ab und bei Gastro Suisse ist man überzeugt, dass man durch die Initiative – es war die erste des Verbandes – politisch an Gewicht gewonnen hat.

Nebst der Mehrwertsteuer sehen die Wirte aber noch andere Handlungsfelder. Der Basler Wirtepräsident Josef Schüpfer setzt auf tiefere Lebensmittelpreise dank der Öffnung des Agrarmarktes – nur stehen die politischen Zeichen derzeit eher auf Abschottung. Als erfolgsversprechender könnte sich der Kampf gegen ausländische Grosskonzerne erweisen, die den Schweizer Markt abschotten, um massiv höhere Preise zu verlangen. FDP-Ständerat Hans Altherr hat vergangene Woche eine parlamentarische Initiative zur Änderung des Kartellgesetzes eingereicht, welche den Wirten den Einkauf von Coca-Cola oder Bier bei ausländischen Abfüllern ermöglichen soll.