Rassismus-Debatte
Nach Morddrohungen und Beschimpfungen: Influencerin Mirjam Jäger erstattet Anzeige gegen ihre Hasser

Mirjam Jäger ärgerte sich in den sozialen Medien über Demonstranten. Danach ergoss sich ein Shitstorm über die Influencerin. Jetzt hat die ehemalige Olympiateilnehmerin ihren Anwalt Valentin Landmann beauftragt, die schlimmsten Hasser anzuzeigen.

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Mirjam Jäger, ehemalige Olympiateilnehmerin im Freestyle-Skifahren

Mirjam Jäger, ehemalige Olympiateilnehmerin im Freestyle-Skifahren

Keystone

In dieser Geschichte geht es um eine Mücke, aus der ein Elefant wird – und in der eine losgelassene Onlineherde eine schwangere Frau zertrampelt. Doch der Reihe nach. Die im siebten Monat schwangere Frau ist die 37-jährige Influencerin Mirjam Jäger, ehemalige Olympiateilnehmerin im Freestyle-Skifahren und Partnerin von Ex-Bachelor Rafael Beutl. Das Paar steckte am letzten Wochenende in Zürich im Stau wegen Demonstrationen. Jäger liess ihrem Frust via Instagram-Account freien Lauf: Ihre Pläne seien durchkreuzt, es reiche jetzt langsam mit den Demonstrationen. Dass es sich um eine «Black-Lives-Matter»-Demonstration handelte, wusste sie damals nicht.

Jäger erfuhr es ziemlich bald auf unangenehme Weise. Obwohl sie sich bloss über die verstopften Strassen und den vermasselten Stadtbummel enervierte, echote es aus den sozialen Medien: «Jäger ist eine Rassistin.» Danach wurde die Influencerin unter einer Lawine von nicht druckreifen Hassnachrichten inklusive Morddrohungen begraben.

Anwalt Valentin Landmann reicht Anzeige ein

Jetzt geht Jäger juristisch gegen die Hasser vor. «Sie hat mich beauftragt, bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige einzureichen wegen Drohung und Verleumdung», sagt ihr Anwalt Valentin Landmann. Man werde sich dabei auf die übelsten Kommentare konzentrieren sowie auf jene Personen, die Jäger bei Firmen anschwärzten, mit denen sie zusammenarbeitet.

Die grösste Kontroverse hat dabei die Post provoziert, welche die Zusammenarbeit kurzerhand via Twitter für beendet erklärte. «Wir sind bestürzt, denn wir tolerieren keinerlei Diskriminierung. Diversität und Inklusion sind Teil unserer DNA und darauf sind wir stolz», liess die Post ihre Follower wissen.

Blöd nur: Jäger hatte sich mit keiner Silbe diskriminierend geäussert. Der Onlinemob drängte sie wohl nur deshalb in die Rassisten-Ecke, weil sie die Anti-Rassismus-Demonstration kritisierte. Gegenüber «Telezüri» betonte Jäger, sie teile das Ziel der «Black-Lives-Matter»-Bewegung. Zu Zeiten des Coronavirus stehe sie Ansammlungen von grossen Menschenmengen aber kritisch gegenüber.

Am Mittwoch krebste die Post zurück. «Es war nie unsere Absicht, Mirjam Jäger Rassismus zu unterstellen», teilte sie mit. Es tue ihr leid, wenn durch den Tweet dieser Eindruck erweckt worden sei. Es sei auch nicht richtig gewesen, den Tweet ohne vorgängige Kontaktaufnahme abgesetzt zu haben. Die Post freue sich, dass Jäger zeitnah einen persönlichen Austausch in Aussicht gestellt habe, um die Situation zu klären. Die Frage, ob es sich beim Tweet um eine Einzelaktion eines Mitarbeitenden handelt oder ob er von einer höheren Stelle abgesegnet worden war, beantwortet die Medienstelle der Post nicht. Sprecher François Furer sagt aber: «Die Feindseligkeiten und Drohungen, die Mirjam Jäger widerfahren sind, erachten wir als absolut inakzeptabel.»

Fall Jäger wird Fall für Bundesrat

An der Zusammenarbeit mit Influencern will die Post auch in Zukunft festhalten. Das sei fester Bestandteil der heutigen Marketingkommunikation, sagt Furer. Die Zusammenarbeit beruhe jeweils auf Mandatsbasis für ein klar definiertes Vorhaben. Seitens der Politik wird jetzt aber Kritik laut. Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) will vom Bundesrat in einer Anfrage wissen, wie viel Geld die Post für Influencer ausgibt, ob andere staatsnahe Betriebe das auch tun und ob die Post ihren Auftrag auch ohne Influencer erfüllen könnte.