Nationalräte von SVP und SP wollen Michael Laubers Behörde wieder an die kurze Leine nehmen. Oder zumindest deren grosse Verantwortung auf mehr Schultern verteilen
Die negativen Schlagzeilen um die Bundesanwaltschaft und deren Chef Michael Lauber haben sich in den letzten Monaten gehäuft. Ungerechtfertigte und teure Entlassungen von Staatsanwälten, freihändige Auftragsvergaben in Millionenhöhe an nahestehende Firmen, teure Beratermandate, miese Stimmung beim Personal, umstrittene Prioritätensetzung zugunsten öffentlichkeitswirksamer Fälle sind nur einige Stichworte.
Aber nicht nur die Bundesanwaltschaft (BA) steht in der Kritik. Auch deren Aufsichtsbehörde AB-BA unter Bundesrichter Niklaus Oberholzer. Diese wurde extra geschaffen, damit sie die seit dem Jahr 2011 von der Politik völlig unabhängige BA und deren Geschäftsführung beaufsichtigt.
Doch nun wird der AB-BA vorgeworfen, sie gehe zu pfleglich mit dem Bundesanwalt um und lasse ihn gewähren. Zudem hat die siebenköpfige AB-BA selbst Qualitätsprobleme, wie Parlamentarier feststellen. So sitzen Leute darin wie der Zürcher Anwalt François A. Bernath, der sich laut «Tages-Anzeiger» mit Studienorten schmückte, die er nicht belegen kann.
Bundesbern ist zunehmend besorgt und wird nun aktiv. SVP-Nationalrat Alfred Heer (ZH), der gleichzeitig Präsident der mächtigen Geschäftsprüfungskommission (GPK) ist, verlangt eine Radikalkur.
Er fordert mittels Parlamentarischer Initiative, dass die BA «wieder in die Bundesverwaltung zu integrieren und dem EJPD zu unterstellen» sei. Künftig würde also Justiz- und Polizeiministerin Simonetta Sommaruga dem Bundesanwalt auf die Finger schauen. Die AB-BA würde abgeschafft.
«Die Ausgliederung der Bundesanwaltschaft mit der Begründung, dass diese unabhängig sein müsse, war ein Fehlschlag», hält Heer auf Anfrage fest. «Mit der Auslagerung kann die BA nur noch durch die AB-BA beaufsichtigt werden.» Der GPK etwa seien die Hände praktisch gebunden. Dabei gebe es «grosse Probleme, die AB-BA vollständig mit kompetenten Leuten zu besetzen», merkt der SVP-Mann an.
Eine EJPD-Aufsicht wäre allerdings nicht neu: Bis 2011 besorgte das Bundesstrafgericht die fachliche Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, das EJPD war für die administrative Aufsicht zuständig.
Das führte wiederholt vorab zu Konflikten zwischen EJPD-Chef und Bundesanwalt. So kam es 2007 zum Krach zwischen Justizminister Christoph Blocher und dem damaligen Bundesanwalt Valentin Roschacher. Letzterer wurde von Blocher massiv unter Druck gesetzt. Diese Vorkommnisse waren mit ein Auslöser dafür, dass die BA unabhängig von der Politik wurde.
Heer will trotzdem das EJPD als Aufsicht. Strafverfolgung sei eine exekutive Aufgabe und keine richterliche, begründet der SVP-Nationalrat. Ein weiteres Problem heute sei: Die Bundespolizei sei weiterhin dem EJPD unterstellt, darauf habe die BA keinen Zugriff.
Alarmiert über die Zustände ist auch SP-Nationalrat Carlo Sommaruga, welcher als einer der vehementesten Kritiker des heutigen Bundesanwalts gilt. Allerdings haben das diverse Kollegen nicht nur gerne gesehen.
Und zwar vorab darum, weil Kritik am Bundesanwalt heute die ganze Institution schwächt. «Kritik an der Person der Bundesanwältin oder des Bundesanwalts ist zwangsläufig auch Kritik an der BA», stellt der Genfer Nationalrat fest.
Mit einer Parlamentarischen Initiative will Sommaruga daher die «Institution stärken und ihre Unabhängigkeit gewährleisten»: Statt einem einzigen Bundesanwalt soll es in Zukunft drei Bundesanwältinnen oder Bundesanwälte geben.
Ein Kollegium also, wie der Bundesrat eines ist, bei dem alle Mitglieder gleichgestellt sind. Damit soll nicht nur die heute übergrosse Macht des Bundesanwalts auf mehr Personen verteilt werden.
Es soll auch möglich werden, einen Bundesanwalt hart zu kritisieren oder gar abzusetzen, ohne gleich der ganzen Behörde grossen Schaden zuzufügen. Kritik an einer Bundesrätin oder einem Bundesrat stelle heute auch «nicht gleich die Institution Bundesrat als Ganzes infrage», so der Genfer Anwalt.
So unterschiedlich Heers und Sommarugas Lösungsansätze sind, sicher ist: Der Unmut im Parlament über die Lage zieht sich durch das ganze Parteienspektrum. Den Vorstoss von Heer haben acht SVP-Vertreter mitunterzeichnet. Sogar 31 Mitunterzeichner stehen unter Sommarugas Eingabe.
Und diese stammen nicht nur aus der SP. Unterzeichnet haben beispielsweise auch Freisinnige wie Kurt Fluri oder Christa Markwalder, CVP-Vertreter wie Claude Beglé, Leo Müller oder Karl Vogler. Und auch die Grüne Sibel Arslan, Grünliberale Beat Flach sowie Lega-Mann Lorenzo Quadri gehören zu den Supportern des SP-Vorstosses.